Zukunftskolleg-Erfolg für Christina Plank

Wir gratulieren unserer Gastprofessorin sehr herzlich zu dieser Einwerbung von nur 4 bewilligten Projekten beim FWF!

Interdisziplinarität, innovative Forschungsansätze und die Vernetzung international herausragender NachwuchswissenschaftlerInnen stehen im Vordergrund des FWF Forschungsförderungsprogramms, das heuer zum zweiten Mal in Form von finanzierten Zukunftskollegs umgesetzt wurde. Trotz großer Konkurrenz – es wurden nur vier Forschungsförderungen vergeben –  war unsere Gastprofessorin Christina Plank erfolgreich. Sie wird als Koordinatorin mit ihren KollegInnen Robert Hafner und Rike Stotten von der Universität Innsbruck das Projekt zu wertebasierten Produktions- und Konsumweisen im WTO-zentrierten Nahrungsregime leiten. Die Zukunftskollegs werden für eine Periode von maximal vier Jahren mit durchschnittlich 1,9 Millionen Euro pro Team aus Mitteln der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (NFTE) und Mitteln des FWF gefördert.

Wertebasierte Produktions- und Konsumweisen im WTO-zentrierten Nahrungsregime

Aktuell wird das Agrar- und Ernährungssystem von transnationalen Konzernen dominiert, welche anhand der Prinzipien von Wettbewerb, wirtschaftlichem Wachstum und Gewinnmaximierung agieren. Dieses WTO-zentrierte Nahrungsregime wird von verschiedenen sozialen Bewegungen und Produzierenden aktiv hinterfragt. Diese sind meist lokal verankert und streben eine nachhaltigere Produktion an, die Werte wie Solidarität oder Vertrauen berücksichtigen. In unserem Forschungsprojekt untersuchen wir kleine und mittelgroße Initiativen, die wir als wertebasierte Produktions- und Konsumweisen verstehen. Konkret konzentrieren wir uns auf die Solidarische Landwirtschaft und regionale Wertschöpfungsketten. Die Untersuchung geht der Frage nach, inwieweit diese kleinen und mittleren Bottom-up-Initiativen das Potenzial haben, das WTO-zentrierte Nahrungsregime (d. h. die dominierenden globalisierten Wertschöpfungsketten in der Lebensmittelproduktion) zu verändern.
Forschungsziel ist, diese Initiativen und deren Funktionsweise, wie sie Unternehmensmacht und staatliche Strukturen im WTO-zentrierten Nahrungsregime verändern, zu analysieren. Das Projekt (1) entwickelt einen gemeinsamen theoretischen Rahmen, um diese wertebasierten Initiativen systematisch zu verstehen. Dabei wird die Nahrungsregime-Theorie mit anderen theoretischen Ansätzen verflochten, namentlich der Staatstheorie, dem Konzept von Sozialkapital und Territorialität. Mit Hilfe des Theorienmix werden verschiedene Initiativen auf lokaler Ebene untersucht, um anschließend die empirischen Ergebnisse in eine breitere nationale und globale Debatte einzubetten. (2) Darauf aufbauend wird ein methodisches Toolkit entwickelt, um die oben genannten Initiativen und ihre zugrundeliegenden Werte zu untersuchen. (3) Als Fallstudien werden wir Beispiele Solidarischer Landwirtschaften und regionaler Wertschöpfungsketten in der Schweiz, der Tschechischen Republik und Argentinien erforschen. (4) Der interdisziplinäre Forschungsprozess wird dabei in Hinblick auf wechselseitiges Lernen innerhalb des Teams begleitet und analysiert.
Unser Forschungsansatz ist in dreierlei Hinsicht innovativ: Erstens werden in einem interdisziplinär eng verflochtenen Forschungsprozess Erkenntnisse aus der Politikwissenschaft, der Soziologie und der Geographie vereint. Diese enge Zusammenarbeit ermöglicht eine theoretische "Neustrukturierung" der Nahrungsregime-Theorie unter Berücksichtigung der geteilten Werte der ProduzentInnen, VerarbeiterInnen und KonsumentInnen sowie deren institutionelle Einbettung auf der lokalen, nationalen und globalen Ebene. Zweitens werden diese Aspekte mit einer Kombination von qualitativen Methoden – Interviews, teilnehmende Beobachtung und Gruppendiskussionen – erforscht. Dabei werden neue Ansätze der viszeralen Ansätze, welche die Verbindung zwischen rationalem und emotionalem Denken und Handeln fokussieren, in das methodische Toolkit integriert. Drittens bieten gewählten Fallstudien aus Argentinien, der Tschechischen Republik und der Schweiz grundlegend unterschiedliche Kontexte, so dass die Schlussfolgerungen aus unserer theoretischen und methodischen Arbeit in Hinblick auf verschiedene weltliche Kontexte ausgewertet werden können.