Sara Gebh (Universität Wien) hält am 26. April 2024 eine IPW-Lecture mit dem Titel Etikettenschwindel: Zur Republikanisierung der Demokratie in der Frühmoderne.
Die Veranstaltung findet im Konferenzraum (NIG, 2. Stock) um 18:30 Uhr statt.
Abstract
Moderne Demokratie basiert auf einem Etikettenschwindel. Ihr Zweck war nie die Ermächtigung des Volkes, ihr Ziel nie die Selbstregierung der Vielen, ihr Ideal nie die Mitbestimmung aller. Ganz im Gegenteil: In meinem Vortrag zeige ich, dass die Regierungsform, die wir als demokratisch bezeichnen, im Kern eine republikanische ist. Ihr explizites Ziel war die Abgrenzung von dem als volatil, exzessiv und instabil verstandenen demokratischen Regime der Antike. Den Befürwortern der modernen Republik ging es also um die Einschränkung und keineswegs um die Ausweitung des populären Einflusses auf Politik. Die als ‚Republikanisierung der Demokratie‘ bezeichnete Verschmelzung zweier bis dahin klar unterscheidbaren Konzepte, Demokratie und Republik, vollzieht sich im 18. und 19. Jahrhundert in drei Schritten: Neben der Einführung von intermediären Institutionen sowie der Privatisierung des Freiheitsbegriffs, steht die sogenannte Zivilisierung des Konflikts im Zentrum der Bemühungen, der Volksherrschaft den schlechten Beigeschmack zu nehmen. Das Ergebnis dieser institutionellen und diskursiven Umetikettierung ist ein pazifiziertes und domestizierendes Verständnis von Demokratie, das unsere Idee von Volksherrschaft bis heute prägt.