In Gedenken an Eva Kreisky (1944-2024)

Das Institut für Politikwissenschaft trauert um die langjährige Vorständin Univ.-Prof. Dr. Eva Kreisky. Eva Kreisky war von 1993 zunächst Gastprofessorin und dann ab 1995 bis 2012 ordentliche Professorin für Politische Theorie an der Universität Wien. Sie hat eine neue Herangehensweise an die Politische Theorie entwickelt, die sie Politische Theoriearbeit nannte, um diesem Strang der Politikwissenschaft den Hauch des Abgehobenen oder den weitgehend (ideen-)geschichtlichen Charakter zu nehmen. Mit Politischer Theorie, so Eva Kreisky, sollte an den Problemen und Fragestellungen der Gegenwart gearbeitet werden. Zeit ihres akademischen Lebens hat sie sich mit dem Staat, der Bürokratie und deren sozialer und ökonomischer Verankerung beschäftigt. Österreich bot ihr dafür geeignetes Anschauungsmaterial, ein Land mit einer traditionell starken Bürokratie, die auch im demokratischen Staat ein Eigenleben führte. Der Titel ihrer Habilitationsschrift „Bürokratie und Politik. Beiträge zur Verwaltungskultur in Österreich“ zeigt ihr Interesse.


Der österreichische Staat wehrte sich auch lange erfolgreich gegen Geschlechterdemokratisierung – Frauen blieben in staatlichen Institutionen unterrepräsentiert und Politiken berücksichtigten die Interessen von Frauen weniger als die Erwerbsinteressen von Männern. Diese Forschungen machten Eva Kreisky zu einer Pionierin der deutschsprachigen feministischen Politikwissenschaft. Sie prägte das Konzept des „Staates als Männerbund“ und machte damit deutlich, dass Frauenausschluss aus der Politik systemisch und systematisch ist, nämlich der maskulinistischen Struktur des Staates und des politischen Feldes geschuldet. In dem 2009 von Matthias Falter, Marion Löffler, Thomas Schmidinger, Saskia Stachowitsch und Veronika Schwediauer beim Braumüller-Verlag herausgegebenen Band „Politik begreifen. 89 Begriffe um Eva Kreiskys Leben und Forschen“ wird die intellektuelle Produktivität Eva Kreisky deutlich, auch dokumentiert in zahlreichen Veröffentlichungen.


Eva Kreisky war Juristin, wurde 1971 zur Dr. jur. promoviert, und machte in dieser Zeit eine postgraduale politikwissenschaftliche Ausbildung am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien. Bis 1978 war sie Assistentin in der dortigen Abteilung für Politikwissenschaft, die sie von 1979 bis 1989 leitete. Ihre Expertise der politikwissenschaftlichen Geschlechterforschung führte sie schließlich an die Freie Universität Berlin, wo sie von 1989 bis 1993 die Professur für politikwissenschaftliche Geschlechterforschung innehatte. Sie hatte großen inhaltlichen Einfluss auf viele der dortigen Dozentinnen, die sie auch mit strategischem und organisatorischem Geschlechterwissen versorgte.


Dieses Wissen und ihr politisch-strategisches Gespür hat sich Eva Kreisky auch in ihrem Engagement in sozialen Bewegungen angeeignet. Sie hatte für die österreichische Frauenbewegung und Frauenpolitik eine wichtige Rolle eingenommen. Ihr war klar, dass akademisches Wissen nur Bestand hat, wenn es einen gesellschaftlichen Praxishintergrund hat. Für ihren Einsatz für die die politikwissenschaftliche Geschlechterforschung erhielt sie 2008 den Käthe Leichter-Staatspreis.


Nach ihrem Ruf auf die Professur für Politische Theorie ans Institut für Politikwissenschaft übernahm sie gleich und bis 2004 dessen Leitung. Gemeinsam mit Helmut Kramer und später Birgit Sauer, Sieglinde Rosenberger, Regina Köpl und Herbert Gottweis und anderen baute sie das Institut umsichtig in ein modernes und kritisches Institut um. Durch ihre Schwerpunktlegung auf kritische und feministische Forschung und Lehre öffnete Eva Kreisky das Institut für zahlreiche Studierenden aus dem deutschsprachigen Ausland.
Die universitäre Lehre war ihr ebenso wichtig wie die Forschung. Sie investierte in der Studienrichtung Politikwissenschaft, eine der größten im deutschsprachigen Raum, viel Zeit in die Ausbildung von Studierenden. Legendär sind ihr Blockseminare mit Doktorand*innen auf Mallorca, wo es nicht nur um geistige Nahrung und Dissertationsfortschritte ging, sondern immer auch um gutes Essen und politisch interessante Gesprächsrunden.  


Vor universitären Leitungsaufgaben schreckte Eva Kreisky nie zurück, ja es reizte sie zu gestalten. Denn sie wusste, dass gute Wissenschaft geeignete, vor allem demokratische Organisation braucht. Ihre feministische Haltung realisierte sie durch einen hierarchiekritischen Umgang im Institutsalltag, auch gegenüber den Mitarbeiter*innen in der Verwaltung. Ihren Gestaltungswillen brachte sie zu verschiedenen Zeiten in mehreren Funktionen an der Fakultät für Grund- und Integrativwissenschaften, später umbenannt in Fakultät für Sozialwissenschaften ein: als Prodekanin, als Vizedekanin, als Vorsitzende der Doktoratsstudienkommission. Eva Kreisky engagierte sich zudem für die Etablierung des in Österreich jungen Faches Politikwissenschaft. Sie war erste weibliche Vorsitzende der 1970 gegründeten Österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaft, deren Ehrenmitglied sie ist.
Mit Eva Kreisky, die 2012 emeritierte und nach langer Krankheit am 14. August kurz vor ihrem 80. Geburtstag verstarb, verliert das Institut eine streitbare Kämpferin für kritische Wissenschaft und für eine demokratische Universität.

Birgit Sauer und Ulrich Brand im Namen des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität Wien

Gedenkreden

/

  • Gedenkrede Heinz Fischer

    Lieber Jan,
    Liebe Familie von Eva Kreisky,
    verehrte Trauergemeinschaft!

    Knapp vor Erreichung ihres 80. Lebensjahres ist Eva Kreisky nach langer Krankheit verstorben.

    Es war eine schwere und bedrückende Krankheit und dennoch ist der Moment des Loslassens und des endgültigen Abschiedes, des Übergangs vom Leben zum Tod seit Anbeginn der Menschheit ein ganz besonderer Schmerz und letzten Endes unfassbar.

    Das sage ich vor allem an die Adresse von Jan, dem Sohn der Verstorbenen, dem unser besonderes Mitgefühl und unsere Anteilnahme gilt. Und alle, die auch schon ihre Mutter verloren haben wissen einigermaßen, was Du lieber Jan empfindest.

    Liebe Freundinnen und Freunde,
    Meine Beziehung und die Beziehung von Margit zu Eva Zgraja - später Eva Kreisky - hatte ihre Wurzeln darin, dass Margit - ein halbes Jahr älter als Peter Kreisky - am gleichen Ort, nämlich in der Emigration in Stockholm geboren wurde und die beiden Emigrantenfamilien Kreisky und Binder engen Kontakt miteinander hatten. 

    Über diese Brücke ergab sich auch für mich ein verstärkter Kontakt zu Peter und Eva, obwohl ich beide auch aus dem VSSTÖ und auf Grund gleicher Interessen und Aktivitäten gut kannte und schätzte.

    Das galt besonders für die Bereiche Politik - genauer gesagt - für fortschrittliche und antifaschistische Politik, für Universitätspolitik und für Politikwissenschaften.
    Gleich nach der Wahl von Bruno Kreisky zum SPÖ-Vorsitzenden, also 1967, bekam die Idee einer grundlegenden Universitätsreform starken Rückenwind. Es gab intensive Diskussionen und eine starke Bewegung für neue Universitätsstrukturen, für ein neues Universitätsorganisationsgesetz um die damals schon 120 Jahre alte Universitätsstruktur aus der Zeit von Unterrichtsminister Thun-Hohenstein aus der Mitte des 19. Jahrhunderts abzulösen und durch moderne Strukturen auf demokratischer Basis zu ersetzen. Eva und auch Peter unterstützten diese Ziele, die in der Ära Kreisky Anfang der 70er Jahre auch durchgesetzt werden konnten.

    Und mit dem Beginn der Kreisky-Regierung erlebte auch die in den USA schon 70 Jahre alte wissenschaftliche Disziplin der Politikwissenschaften, die bis dahin in Österreich als „Staatswissenschaften“ ein Teil des Jusstudiums war, auch in Wien und dann in ganz Österreich einen erfolgreichen Start. Namen wie Helmut Kramer, Anton Pelinka, Heinrich Neisser, Peter Gerlich und eben auch Peter und Eva Kreisky - die 1971 geheiratet hatten - sind mir aus dieser Zeit bestens bekannt.

    Und es erfolgte nicht nur die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaften, sondern auch die Gründung der Österreichischen Zeitschrift für Politikwissenschaften.

    Eva leitete dann von 1979 bis 1989 die Abteilung Politikwissenschaft am Institut für Höhere Studien in Wien, das 1963 gegründet wurde und das Ergebnis damaliger Zusammenarbeit zwischen dem SPÖ-Außenminister Bruno Kreisky und dem ÖVP-Finanzminister Reinhard Kamitz war.

    Von 1989 bis 1993 war Eva Professorin für Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin und von 1993 bis 2012 Ordentliche Professorin für Politikwissenschaften an der Universität Wien.

    Helmut Kramer, der im Bereich der Politikwissenschaften in Österreich und über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt ist und geschätzt wird, hat kürzlich geschrieben:
    „Eva war eine bedeutende Wissenschaftlerin, die mit ihrem kritischen feministischen Ansatz in zahlreichen Forschungsarbeiten und Publikationen zu einem wichtigen Perspektivenwechsel in der österreichischen und in der deutschsprachigen Politikwissenschaft beigetragen hat. Ihre Forschungen und Publikationen waren eine eindrucksvolle Spurensuche zur Konstruktion des Staates und der politisch gesellschaftlichen Sphäre als ´Männerbund´. Besonders bedeutsam war hier vor allem ihre kritische Durchleuchtung der männlich dominierten Gesellschaftsbereiche Bürokratie, Militär und der parlamentarischen Institutionen.“

    Zu Recht hat auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig in einer Erklärung zum Ableben von Eva Kreisky festgestellt, dass der Tod von Eva Kreisky „ein großer Verlust für die Wissenschaft, für unsere Stadt und für alle Menschen ist, die das Glück hatten sie zu kennen“.

    Wenn ich es auch mit eigenen Worten formulieren darf, füge ich dem noch hinzu:
    Eva Kreisky, die so wie meine Frau Margit in Favoriten in der Per-Albin-Hansson-Siedlung aufgewachsen ist, war eine liebenswerte, kluge und starke Frau. Sie war eine Linke im besten Sinn des Wortes und eine Wissenschaftlerin, die auf ihren Arbeitsgebieten Pionierarbeit leistete. Sie war eine kongeniale Partnerin von Peter Kreisky und hatte großen Anteil daran, der Frauenbewegung in Österreich ein theoretisches, wissenschaftliches Fundament zu geben.

    Wir verabschieden uns von Eva mit Zuneigung und Respekt und sagen Dir, danke Eva

  • Gedenkrede Birgit Sauer

    „Das Patriarchat re-organisiert sich schneller, als wir mit der politikwissenschaftlichen Analyse hinterherkommen.“ 

    Diese Einschätzung, die Eva auf die Transformation der staatssozialistischen Länder bezog, war weitsichtig und erweist sich heute als schreckliche, ja brutale Wahrheit.

    Lieber Jan, liebe Angehörige von Eva, liebe Kolleg*innen und Freund*innen, liebe Trauergemeinde! Wir haben eine scharfsinnige politische und wissenschaftliche Analytikerin verloren. Der Tod von Eva ist ein schwerer persönlicher Verlust für alle hier Anwesenden, er ist ein sehr großer Verlust für die sozial- und politikwissenschaftliche Community. Eva war die Pionierin der deutschsprachigen feministischen Politikwissenschaft. Als der Arbeitskreis „Politik und Geschlecht“ im Jahr 1994 seinen ersten Workshop zum Thema „Staat aus feministischer Sicht“ veranstaltete, da wartete Eva bereits mit einem Vortrag zum „Staat als Männerbund“ auf. Sie hatte sich schon einige Jahre lang feministisch-kritisch mit der Kerninstitution der Politikwissenschaft beschäftigt, mit dem Staat und seiner Bürokratie. Dies war Gegenstand ihrer Habilitationsschrift. Eva zählte schließlich 1994 zu den Mit-Initiatorinnen der Buchreihe „Politik der Geschlechterverhältnisse“ beim Frankfurter Campus-Verlag, wo sie bis zu ihrem Tod in der Herausgeberinnen-Gruppe mitwirkte und selbst zahlreiche Bände mitherausgab. 

    Evas Weg in die Akademie, der sie schließlich und zum Glück an die Universität Wien führte, war überhaupt nicht geradlinig. Nach ihrer Tätigkeit am Wiener Institut für Höhere Studien erhielt sie 1989 einen Ruf auf die befristete Professur mit dem Schwerpunkt Frauenforschung am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Auch wenn dies für Eva beschwerlich war – Jan war damals noch klein, so dass Eva nahezu wöchentlich mit dem Nachtzug pendelte –, für die im Entstehen begriffene feministische Politikwissenschaft war dieser Ruf ein Glück und Eva ein großer Gewinn für die feministische Dozentinnengruppe. Eva teilte nicht nur ihre inhaltlichen Ideen zu Staat, Demokratie und Hannah Arendt, sondern vor allem viel strategisches Wissen. Ohne Evas Geschick wäre es nicht gelungen, Frauen- und Geschlechterlehre im politikwissenschaftlichen Curriculum des OSI zu verankern.

    Der Ruf auf die Professur an der Universität Wien im Jahr 1995 war ebenfalls kompliziert. Das Themenfeld „Politische Theorie und Ideengeschichte“ hat Eva gründlich feministisch durcheinander gewirbelt. Und sie hat das damals recht verstaubte Institut für Politikwissenschaft modernisiert und zu dem kritisch-politikwissenschaftlichen Institut im deutschsprachigen Raum gemacht. Die Widerständler gegen ihren Ruf hatten das wohl antizipiert.

    Politische Theorie, ein für Studierende eher angsteinflößendes Teilgebiet der Politikwissenschaft, hat Eva in ihren Lehrveranstaltungen so aufbereitet, dass es zu einem nahbaren und nachvollziehbaren Themengebiet wurde. Die steigende Zahl der akademischen Abschlüsse in diesem Bereich sind Nachweis dafür, dass ihr das gelungen ist. Politische Theorie – und das war ein zentrales Credo von Eva – sollte nicht im Elfenbeinturm stattfinden, vielmehr sollte sich Theorie stets aus politischer Praxis speisen und in politisch-kritische Praxis zurückwirken. Dies hat Eva ganz ohne Zweifel aus ihrer frauenbewegten politischen Praxis mitgebracht. Sie prägte dafür den Begriff der „Theoriearbeit“. 

    Als Theoriearbeiterin hat sich Eva mit zentralen gesellschaftspolitischen Themen befasst. Wichtig war für sie die Frage der Demokratie. Demokratie ohne Geschlechtergleichheit war für sie keine echte Demokratie. So nahm sie den Frauenausschluss aus der österreichischen Demokratie in den kritisch-wissenschaftlichen Blick. Allerdings war „Damenbeine-Zählen“, wie Eva spöttisch bemerkte, also die schiere Auflistung der Unterrepräsentation von Frauen, nicht ihr Ding. Eva wollte erklären, Gründe finden. Diese leistete sie mit dem Konzept vom „Staat als Männerbund“ mit akribisch-historischer Gründlichkeit. Während der Männerbund-Vorwurf schnell in der politischen Auseinandersetzung erhoben wurde, ging es Eva darum, aus diesem Wort ein erkenntnistheoretisches Konzept zu machen, das, wie sie es nannte „Männlichkeit als System und als Standardform“ in den Strukturen von Politik und Staat sichtbar macht. In diesem Sinne war Eva „Archäologin“. Sie bezeichnete diese Theoriearbeit als „Institutionenarchäologie“. 

    Dieses gründliche Buddeln wandte sie auch auf den unsere Gesellschaft ganz fundamental verändernden Neoliberalismus an. Sie arbeitete heraus, dass die Ideologie des Neoliberalismus auf gesellschaftlichem Ausschluss und auf Ungleichheit beruhte, dass Neoliberalismus daher demokratiezerstörend ist.   

    Politik hat Eva immer in einem weiten Verständnis begriffen, sie hat sich also wissenschaftlich nicht nur mit Parteien, dem Parlament oder der Bürokratie beschäftigt. So hat sie z.B. Fußball als eine „Arena der Männlichkeit“ untersucht, so einer ihrer Buchtitel, eine Arena, die Staatlichkeit nicht unwesentlich beeinflusst.

    Ich hatte die Freude, Eva in Berlin kennenzulernen, damals als Doktorandin. Wir kamen uns näher durch unsere Liebe zu Mallorca. Dort sind dann im Hause Kreisky, teilweise im oder am Swimming-Pool, zahllose gemeinsame Publikationen angedacht und geschrieben worden. Hier zeigte sich Evas Hang zu „Fröhlicher Wissenschaft“, ihre große Lust am Denken – etwas, das ihr in der Arbeit am Wiener Institut nicht immer gelingen wollte. Was kein Wunder war, hatte sie doch gleich die Institutsleitung übernommen und kämpfte den Kampf gegen den Umbau in eine neoliberale, unternehmerische Universität.

    Evas zentrales wissenschaftliches Anliegen war es, vertuschte Männlichkeit in Politik und Politikwissenschaft sichtbar zu machen. Sie wollte den „diskreten Maskulinismus“ nachweisen – eine wunderbar-treffende Bezeichnung – die auch den Titel abgibt für das dieser Tage erscheinende Buch mit Evas Texten, das Marion Löffler zusammengestellt hat. 

    Theoriearbeit war für Eva immer auch Arbeit an und mit Sprache, Begriffsarbeit, so der von ihr geprägte Terminus. Evas feministische Wissenschaftssprache war weder trocken noch hölzern. Sie arbeitete vielmehr mit Metaphern – jene von der „Volksaktie der Männlichkeit“ sollte die Profiteure des diskreten Maskulinismus sichtbar machen. Eva legte viel Sorgfalt auf einen eingängigen Schreibduktus – dies zeigt die Alliteration in einer ihrer Artikel-Überschriften: „politische Idole, politische Ideale und politische Institutionen“. Auch ihre Sprache ist Ausweis für Evas unbedingtes Vergnügen, Wissen zu produzieren und weiterzugeben. 

    Eva war keine Schnell- oder Vielschreiberin, sie hat langsam und genau das politikwissenschaftliche Begriffsinventar mit einer Geschlechterperspektive durchgepflügt. Eva war auch keine laute Wissenschaftlerin; sie hat sich nie in den Vordergrund gedrängt und nie zu allem etwas sagen müssen. Sie hat vielmehr beharrlich ihre Gedanken formuliert, aufgeschrieben und solidarisch mit anderen geteilt. 

    Wir trauern um eine inspirierende, analytisch scharfsinnige und großzügige Kollegin, Mentorin und Freundin. Danke, liebe Eva!

  • Gedenkrede Saskia Stachowitsch

    Eva Kreisky war eine Pionierin der kritischen Politikwissenschaft und der politikwissenschaftlichen Geschlechterforschung in Österreich und darüber hinaus. Die zahlreichen Nachrufe der letzten Wochen und auch die RednerInnen heute fokussieren zu Recht darauf und auf ihre frauen- und universitätspolitische Bedeutung

    Ich habe die Ehre und trotz allem auch die Freude, im Namen von Evas ehemaligen Dissertant*innen, Absolvent*innen und Mitarbeiter*innen zu sprechen und aus dieser Perspektive geht Evas Einfluss weit über die erwähnten Pionierleistungen hinaus, auch weit über die Wissenschaft, die Universität, die politische Theorie, und den Feminismus hinaus.

    Eva hat immer gesagt, sie betreut keine Dissertationen, sie betreut Biographien. Über viele Jahrzehnte hat sie in diesem Sinne unzählige Studierende begleitet bei ihren Abschlussarbeiten, bei ihren ersten Schritten in der Forschung und Lehre, und oftmals auch bei ihren Schritten aus der Wissenschaft hinaus in unterschiedliche Berufs- und Lebenswelten.

    Dabei war es ihr stets wichtig, die persönliche und berufliche Entwicklung der von ihr Betreuten in den Vordergrund zu stellen und nicht die vermeintlichen Bedürfnisse von akademischen und nicht-akademischen Arbeitsmärkten. In der Wahl der Themen, Theorien und Methoden hat sie größtmögliche Offenheit propagiert, was uns am Anfang unserer Forschungsarbeiten manchmal frustriert hat, wenn wir uns mehr Anleitung gewünscht hätten. Oft erst viel später haben wir verstanden, dass Wachsen und Lernen nur über ein kontrolliertes Maß an Frustration möglich ist. Jeder hat das Recht, an seiner Forschungsfrage zu scheitern, war Evas Motto. Sie hatte keinerlei Bedürfnis, ihre Vorstellungen durch ihre Schüler*innen reproduziert zu sehen. Sie hat uns begleitetes Scheitern erlaubt, was für ein Luxus im heutigen Universitätsleben! 

    Gleichzeitig haben wir von ihr gelernt, dass diese Lernprozesse keine einsamen, isolierten Prozesse sein sollten. Sie hat es verstanden, uns – die wir alle sehr unterschiedlich waren und sind – zu einer community zu machen, die sich gegenseitig beim Denken und Handeln begleitet, kritische Fragen stellt, manchmal auch streitet, aber sich bis heute unterstützt. Mit weisen Worten hat sie gespart, auch wenn wir sie uns manchmal ersehnt haben, bekommen haben wir aber ein viel größeres Geschenk, nämlich die Fähigkeit unabhängig, aber nicht isoliert, kritisch, aber nicht lieblos zu denken.

    Obwohl sie sich wissenschaftlich kritisch mit der Macht und manchmal Übermacht von Institutionen befasst hat, hat sie sich von ihnen nie ohnmächtig machen lassen. Das hat mir immer besonders imponiert. Ihr ging es darum, gemeinsam mit anderen (mit denen man sich auch nicht in allem einig sein muss) Handlungsspielräume auszuloten und zu gestalten.

    Von ihr haben wir nicht nur gelernt, wie man in Institutionen überleben und autonom bleiben kann, sondern wie man auch institutionelle Verantwortung mit Haltung tragen kann, als ‚ganzer Mensch‘ Führen und Leiten kann, auch als Frau in machtvollen Positionen.

    Zu dieser ganzheitlichen Perspektive gehören auch die vielen praktischen Dinge, die wir von ihr gelernt haben, die mit Wissenschaft eher wenig zu tun haben: wie man mallorquinische Rezepte wie Kaninchen in Sherry zubereitet, wie man die scharfen von den milden Pimientos unterscheidet, und dass es der Kommentar, und nicht das Kommentar heißt 

    Nicht nur über ihr Werk und ihre Lehre, sondern insbesondere über diesen Modus, diesen Zugang hat sie uns alle geprägt und ihren Geist in alle möglichen Institutionen getragen, wo auch immer ihre Absolvent*innen eben hinkamen (öffentliche Verwaltung, Politik, NGOs, IOs, think tanks, univ. und außeruniv. Forschung, Medien, Kunst, Bildungssektor und auch in die sog. Privatwirtschaft). In allen diesen Bereichen wird sie noch lange in die Zukunft weiter wirken und uns tagtäglich anleiten im Zusammenhandeln von Menschen, und dafür werde ich und sicher ganz viele andere, die heute hier sind, und auch die, die nicht hier sein können, ihr immer dankbar sein.

  • Gedenkrede Martin Jäggle

    Liebe Eva,

    Jan hat mich gebeten, heute zu sprechen. Von seiner Einladung sehr berührt habe ich sie gern angenommen, auch weil ich für alles, was Jan gerade in den letzten, so schweren Jahren für dich getan hat, sehr dankbar bin. So spreche ich hier für den Südwind und für mich persönlich. Geprägt sind meine Worte von der Freude, dir begegnet zu sein, und von Dankbarkeit für dein jahrelanges, ausdauerndes Engagement für den Südwind. 

    Am Anfang unserer Beziehung stand 1986 deine Wahl zur Obfrau des Österreichischen Informationsdienstes für Entwicklungspolitik (ÖIE), wie der Südwind anfangs hieß. Damals stimmte ich dagegen, aber da kannte ich dich noch nicht. Es folgte eine lange gemeinsame, fruchtbare Zeit im Südwind-Vorstand sowie als Herausgebervertreter:in des Südwind-Magazin - später mit Brigitte Pilz.

    Herbert Berger hatte dich zur Obfrau nominiert, während deine Habilitation noch gar nicht abgeschlossen war. Die erst sieben Jahre alte, bereits österreichweite Organisation ÖIE, bekannt mit Aktionen wie „Hunger ist kein Schicksal. Hunger wird gemacht“, galt es zu stärken, ihre so unterschiedlichen Akteur:innen und Interessen – salopp formuliert - zusammenzuhalten. Mit dir als Obfrau von außen, die bis dahin kein Mitglied war, ist es gelungen. Dir ging es nicht darum, Widersprüche und Spannungen einfach auszubalancieren, sondern die notwendige Grundsatzdiskussion fruchtbar zu machen, um gemeinsam ein Profil zu gewinnen. 

    Du warst noch keine zwei Jahre Obfrau, als dem Südwind - (partei-)politisch als „Agent Moskaus“ punziert - im Jahre 1988 8 Monate lang die staatliche Finanzierung vorenthalten worden ist. In mühevollen und auf Zermürbung angelegten Verhandlungen konnte mit dir die Zerstörung des ÖIE abgewehrt werden.

    Als du 1989 für vier Jahre die Professur am Otto Suhr-Institut in Berlin erhieltst, hast du trotzdem die Aufgabe als Obfrau behalten, weil du einer einmal übernommen Aufgabe treu geblieben bist, ausdauernd und viel aushaltend, manchmal wahrscheinlich zu viel aushaltend. Das bedeutete damals konkret: während der Vorlesungszeit bist du vier Jahre lang am Montagabend in Wien in den Nachtzug nach Berlin eingestiegen, um ihn Freitagfrüh in Wien wieder zu verlassen.

    Für dich „war klar, dass akademisches Wissen nur Bestand hat, wenn es einen gesellschaftlichen Praxishintergrund hat“, wie dies Birgit Sauer und Ulrich Brand formulieren. Dazu zählt auch deine Beteiligung am Engagement für den globalen Süden. 

    An einen deiner zahlreichen Denkanstöße möchte ich erinnern, weil er auch heute noch relevant ist, nachzulesen in SWM 12/2001: Die zunehmende Professionalisierung bringe NGOs oft in Abhängigkeit von staatlichen Instanzen: „Damit wurden aber auch Prozesse der Entideologisierung und einer stärker pragmatischen Orientierung, sogar auch einer staatsorientierten Wende professioneller NGOs angestoßen. Die bis dahin vorwiegend basisbezogene und emanzipatorische Ausrichtung politischen Handelns ging dabei tendenziell verloren.“

    Aus deinem Südwind-Engagement ist eine tiefe Freundschaft zwischen dir und der wesentlich älteren Christa Esterhazy, sie war viele Jahre Projektreferentin der Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung, hervorgegangen. Diese Freundschaft zeigt, wie wenig dich gesellschaftliche Grenzen begrenzt haben.  

    Belastet hat dich, dass dein berufliches Leben aus einer Abfolge von befristeten Verträgen bestand – mit den damit verbundenen Sorgen. Diese haben erst ein Ende gefunden, als du 51 Jahre alt warst und an die Universität Wien berufen worden bist.

    Als wir im kleinen Kreis vor deinem Haus, aus dem du schließlich von einem Immobilienhai vertrieben worden bist, deinen 76iger gefeiert haben, gabst du beim Abschied deine Geburtstagsblumen Helmut Kramer für das Grab seiner Frau.

    An die anderen denken – soweit es dir möglich war, das warst du. Auch als Gastgeberin im Haus in Mallorca, wo meine Frau und unsere Kinder dich so schätzen gelernt haben.

    Ich sage dir im Namen von Südwind, im Namen meiner Familie, die bei dieser Feier vertreten ist, und persönlich einfach danke.

  • Gedenkrede Luisa Dietrich

    Lieber Jan, liebe Familie und Angehörige,

    liebe Freundinnen und Freunde,

    danke für die Möglichkeit, an diesem Tag der Trauer um Eva zu Ihnen sprechen zu dürfen.

    Mein Name ist Luisa Dietrich. Ich bin Obfrau der Frauen*solidarität, einer feministisch-entwicklungspolitischen Organisation, an deren Ursprung Eva stand: Vor über 40 Jahren. Viele Mitstreiterinnen aus dieser turbulenten Gründungsphase sind heute hier, um sich von ihr, dieser besonderen, so inspirierenden Frau, zu verabschieden.

    Eva wurde prägend für unsere Organisation, die damals etwas Unerhörtes, ja Ungeheuerliches war: Der erste entwicklungspolitische Verein auf feministischer Basis in Österreich und in den deutschsprachigen Ländern: Wer braucht so etwas? Für viele von uns wurde sie gerade deshalb zum Vorbild: Eva, als exzellente Wegweiserin durch das internationale Getümmel der Politik und des politischen Handelns. Ich selbst war eine der letzten Dissertantinnen von Eva Kreisky - und habe ihre im besten Sinne streitbare und solidarische Begleitung selbst erleben dürfen.

    Eva hat Wissenschaft nie alleine um der Erkenntnis willen betrieben: Für sie war Wissenschaft ein Mittel, um gesellschaftliche Ungleichheiten sichtbar zu machen - und diese dann – wenn möglich - zu verändern. Diese, ihre Haltung war entscheidend für die Gründung der „Frauen*solidarität“. Was aber war der eigentliche Impuls, der Stein des Anstoßes?

    Im Juli 1979 begegnet Eva bei einer Veranstaltung im Karl-Renner-Institut dem kolumbianischen Soziologen Orlando Fals Borda. Es geht um die Hoffnung auf Frieden für Kolumbien. Eva kennt Fals Borda von einer früheren Reise nach Lateinamerika, sie sind wissenschaftlich-freundschaftlich miteinander verbunden.

    Nach der Veranstaltung erzählt Orlando Eva von der dramatischen Situation der kolumbianischen “Blumen-Arbeiterinnen”: Es gehe um jene Frauen, die auf den Rosen- und Nelken-Plantagen im Hochland rund um Bogotá arbeiteten – ohne Schutzrechte, schlecht bezahlt, toxischen Pestiziden ausgesetzt, gesundheitlich-hoch-gefährdet und um ihre Arbeitsrechte kämpfend.

    Fals Borda fragt, ob Österreich ein Selbsthilfe- und Beratungszentrum für diese Frauen finanzieren könnte – und Eva verspricht, sich einzusetzen. Die Widerstände gegen ein Projekt für Frauen- und Arbeitsrechte sind groß. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden noch nie Gelder der Entwicklungszusammenarbeit speziell an Frauen gegeben. Doch Eva gibt nicht nach und findet Verbündete innerhalb der Ministerien und innerhalb der autonomen Frauenbewegung. Und tatsächlich: Mit der Gründung des Vereins Frauen*solidarität in dem sich Eva als Proponentin zur Verfügung stellt, kommt es zum ersten feministischen Frauenprojekt der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Man schreibt das Jahr 1982 – und erstmals fließen nicht Almosen aus dem Norden für die Frauen in den globalen Süden – sondern konkrete finanzielle Mittel zur Selbsthilfe. Für die Organisation Frauen*solidarität ist dies der Beginn einer 40jährigen Geschichte, die ohne Eva nie so begonnen hätte.

    Als Wissenschaftlerin und anfängliche Obfrau der Frauen*solidarität hat Eva hoch inspirierend gewirkt. Lange bevor es in den Kanon der feministischen Forschung überging, hat sie auf die Ungleichheit der Frauen untereinander aufmerksam gemacht. Auf die Ambivalenz unseres Engagements für die südliche Hemisphäre. Denn: Während die Blumenarbeiterinnen unter menschenverachtenden Bedingungen Blumen produzierten, wurden die Frauen des Nordens mit eben genau diesen Rosen und Nelken zum Geburtstag oder Muttertag geehrt. Eva war diejenige, die auf diese Widersprüche aufmerksam machte. 

    Eva war auch eine der tragenden Figuren, als die Frauen*solidarität ein feministisches Projekt für Frauen und Kinder aus der Türkei in Ottakring initiierte, das als Nähkurs mit einem Deutsch-, Alphabetisierungs- und Kinderbetreuungsangebot begann und bis heute als «Miteinander Lernen» in Wien wichtige Arbeit leistet.

    Heute erinnern wir an ihren Respekt, mit dem sie anderen begegnete, und an ihre Empathie für diejenigen, für die sie kämpfte. Mit zäher Ausdauer und beharrlicher Überzeugung. Wir, die Frauen*solidarität, verdanken Dir, Eva, nicht nur unser 40jähriges Bestehen, sondern auch die Kraft, mit der Du uns Ansporn warst: Es war und ist für uns bis heute Dein Engagement für eine gerechtere Welt zu kämpfen. Dafür unser tiefer Dank!

  • Fotos des Gedenkens
    Trauerkränze zur Gedenkfeier am 24. September 2024.
    Trauerkränze zur Gedenkfeier am 24. September 2024.
    Trauerkränze zur Gedenkfeier am 24. September 2024.
    Trauerkränze zur Gedenkfeier am 24. September 2024.

Bitte senden Sie Beiträge für das Kondolenzbuch an: svenja.rommerskirchen@univie.ac.at.

Kondolenzbuch Eva Kreisky

/

  • Kondolenz Marion Löffler

    Liebe Eva,

    du warst mir Doktormutter, Lehrerin und Mentorin, Chefin und Kollegin, und in all diesen Rollen warst du immer eine Freundin, die sich geduldig all meine Probleme anhört und meine Sorgen versteht, die mir mit Rat und Tat zur Seite steht, ohne mir ihre Meinung aufzudrängen. Und du hast mich gerne um meine Meinung gefragt, um meine Einschätzung, und mich auch mal um Hilfe gebeten. Ich bewundere sehr, wie du es geschafft hast, in der universitären Hierarchie diese Nähe aufzubauen. Wir konnten gemeinsam Tränen lachen und todernst debattieren. Wir konnten uns grimmig anschweigen und euphorisch plaudern. Wir konnten uns über kritische Theorie ebenso austauschen wie über Kochrezepte. Du warst 28 Jahre lang ein fixer Bestandteil meines Lebens und dein Verlust schmerzt sehr.

    Marion

    Eva Kreisky sitzt gemeinsam mit zwei Dissertant*innen an einem Tisch.
    Eva Kreisky schaut etwas versteckt hinter einem Baum hervor. Rechts neben dem zweiten Stamm des Baumes stehen drei Dissertant*innen.
  • Kondolenz Ulrike Repnik

    Mein tiefstes Mitgefühl und mein allerherzlichstes Beileid gelten den Angehörigen und Freund*innen von Eva Kreisky! Als meine Professorin und Diplomarbeitsbetreuerin hat Eva Kreisky einen starken und bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Sie hat mich kritisches Denken gelehrt, gezeigt wie wichtig es ist, Machtverhältnisse zu analysieren, gesellschaftspolitische Kritik zu üben und sie hat mein weiteres feministisches Bewusstsein geprägt. Danke dafür!

    Ulrike Repnik

  • Kondolenz Thomas Schmidinger

    Eva Kreisky war eine großzügige Ermöglicherin. Sie hat uns, Ihre DissertantInnen, begleitet aber nie viel vorgegeben. Sie hat uns auch Irrwege erlaubt und uns so lange an unseren Dissertationen arbeiten lassen, wie wir halt dafür Zeit gebraucht haben. Und da viele von uns keine Stipendien oder Unianstellungen mit Forschungsfreistellungen hatten, haben viele von uns viel Zeit gebraucht – Zeit, die wir auch mit ihr verbracht haben. Großherzig wie sie war, hat sie eigentlich immer viel zu viele DoktorandInnen betreut und auch Leute akzeptiert, die so gar nicht zu uns passten. Ich kann mich noch gut erinnern, dass sie selbst bei einem Islamisten hoffte, ihn eben doch noch mit unser aller besseren Argumenten irgendwie einfangen zu können. Sie war eine wirklich bemerkenswerte Mischung aus Toleranz und Streitbarkeit, wobei sie den Streit manchmal auch uns überlassen hat, denn sie hat eh darauf vertraut, dass von ihren DoktorandInnen genug gute Argumente kommen würden. Manche von uns hätten vielleicht manchmal mehr Feedback gebraucht, aber selbst sie konnte nicht jeden Schritt von oft über 20 DoktorandInnen begleiten. Die Kehrseite dessen war eine Freiheit, die uns eben selbst unsere Konzepte entwickeln ließ. Eva hat uns auch immer ermuntert unsere eigenen kleinen Diskussions- und Feedbackrunden, unsere „Diss-Subgruppen“ zu bilden. Unsere Diss-Seminare wurden regelmäßig lange Abende, die bei einem Bier im „Zwillingsgwölb“ ausgeklungen sind, und bei dem nicht nur über unsere Doktorarbeiten, sondern über unterschiedlichste intellektuelle Fragen, Politik, Unipolitik, Geschichte oder manchmal auch über Literatur diskutiert wurde. 

    Besondern intensiv und damit unvergesslich waren die Seminare, die Eva im Sommer in ihrem Ferienhaus auf Mallorca, das sie mit ihrem Mann Peter von ihrem Schwiegervater, Bruno Kreisky, übernommen hatte, organisierte. Welche Professorin lädt schon regelmäßig ihre DissertantInnen in ihr Feriendomizil ein und verbringt eine Woche mit ihnen – nicht nur mit Diskussionen, sondern auch mit Ausflügen, mit abendlichen Feiern, mit gemeinsamem Kochen. Sie hat damit ein intellektuelles Netzwerk befördert, das aber nie zu einer Schule wurde. Es gibt keine Kreisky-Schule und eine solche wollte sie auch nie. Aber es gibt Menschen mit unterschiedlichen Herkunften, die heute in unterschiedlichen Bereichen und in unterschiedlichen Ländern – sowohl akademisch als auch außerhalb der Universitäten – tätig sind, die viel von ihr gelernt haben: von der Relevanz von Geschlecht in Staat und Politik, von der Bedeutung von Begriffsarbeit, v.a. aber auch von einer intellektuellen Grundhaltung, die mit einem wohl dosierten Maß an Pragmatik und Toleranz auf der einen und Standfestigkeit auf der anderen Seite, versucht hat, Politikwissenschaft als Demokratiewissenschaft zu leben. 

    Bis zuletzt ist sie an uns, Ihren „Doktorkindern“ genauso interessiert geblieben, wie an der politischen Entwicklung. Bei meinen Besuchen in ihrem Pflegeheim, auch als sie sich schon sehr schwer getan hat, sich zu artikulieren, war sie sichtlich daran interessiert, wie es uns allen geht und was wir so machen. Die letzten politischen Äußerungen, die ich aus ihrem Munde vernommen habe, war ihre große Sorge um die globale Entwicklung, insbesondere um den Frieden in der Welt – angesichts des Krieges in der Ukraine und in Gaza/Israel und eine ebenso große Sorge um die Demokratie in Österreich. Hier nicht nur von Demokratie zu reden, sondern um diese zu kämpfen und diese zu leben, bleibt auch ein Vermächtnis unserer „Doktormutter“.

    Danke für Alles! 

    Thomas Schmidinger

  • Kondolenz Evi Genetti

    Liebe Trauernde! Liebe Trauerfamilie!

    Ich möchte mein aufrichtig empfundenes Beileid und tiefes Mitgefühl aussprechen. Eva war für mich als ihre Diplomandin und Dissertantin eine prägende Leitfigur und Mentorin. Sie hat mein kritisches Denken gefördert und dadurch mein Leben maßgeblich beeinflusst und geprägt. Mit tiefer Dankbarkeit werde ich Eva stets in ehrenvoller Erinnerung behalten.

    In stillem Gedenken
    Dr. Evi Genetti

  • Kondolenz Thomas König

    In Erinnerung an die gemeinsamen Stunden des Lesens, Diskutierens, und des Vorbereitens von Seminaren.
    In Erinnerung an Riñones al Jerez, Pimientos de Padrón und New York Strip Steak.
    In Erinnerung an Dein Lachen.
    Thomas

  • Kondolenz Alice Ludvig

    Mein allerherzlichstes Beileid und mein tiefstes Mitgefühl an Evas Familie. Wir hatten viele schöne Stunden mit Eva während unserer Dissertant*innenzeit in den 2000er Jahren. Sie war mir eine unterstützende Betreuerin, die mich mehrere Jahre begleitete, wobei sie mir immer genug Freiheit zur Entwicklung meiner eigenen Ideen gab. Sie war sehr gastfreundlich und ich hatte Gelegenheit, mehrere Reisen mit ihr gemeinsam zu erleben. Ihr kritischer Geist und ihre unkonventionellen Ideen haben mich seither nicht nur beruflich, sondern auch im Leben stark inspiriert und begleitet. In tiefer Dankbarkeit, Alice Ludvig

  • Kondolenz Sabine Zelger

    Liebe Eva,

    deine Disziplinen übergreifende Leidenschaft hat uns zueinander geführt und damit so viel eröffnet: wunderbare Gespräche und Diskussionen um Bürokratie&Literatur, Staat&Metaphern, gemeinsame Stunden im NIG und auf Mallorca. Du hast Powis und Literaturmenschen zueinander gebracht, die wir heute und morgen gemeinsam arbeiten und kritisch weiterdenken. Du hast so viel ermöglicht: jenseits von Neoliberalismus, jeder Verschulung der Universitäten, der fadenscheinigen Objektivierung und krampfhafter Auslandsorientierung. Man kann überall nachdenken und die Stimme erheben, aber es braucht Theorie und ein Basisverständnis des Politischen. Immer wenn ich mit Dissertant:innen von dir zusammen bin - und das ist oft und immer so gut! - bist und bleibst du da, weil du zu spüren bist: eindringlich und gewitzt, lächelnd und unkorrumpierbar: danke, liebe Eva!

    Sabine

    Literaturwissenschafterin, -didaktikerin

  • Kondolenz Doris Wallnöfer

    Blicke ich auf die Studienzeit zurück, sind da vor allem zwei Erinnerungen sehr stark: Erstens die Entdeckung einer neuen aufregenden Stadt und zweitens - nicht minder aufregend – „die Entdeckung des Feminismus“, eine Art kollektive Erfahrung, gemeinsam mit Freund*innen, Studienkolleg*innen und der historischen Basisgruppe Powi. 

    Der Feminismus war freilich nicht einfach so da am Institut für Politikwissenschaften, sondern hatte ganz wesentlich mit dem Erscheinen und Wirken von Eva am Institut zu tun. Eva war es, die feministische Forschungsfragen und Kritik nachhaltig am Institut verankerte. Bereits in der Einführungsvorlesung wurde ein ganzer Block für dieses Thema reserviert – für die damalige Zeit eine kleine Revolution! Es folgten etliche feministische Seminare und Vorlesungen – für mich und viele Gleichgesinnte ein großes Glück.

    Aber nicht nur fachlich profitierte ich von diesen erfreulichen Entwicklungen. Gemeinsam mit Evi Genetti durfte ich einige Semester als Tutorin für Eva arbeiten und bei unseren fast regelmäßigen Cafè-Besuchen nach den Vorlesungen lernte ich Eva als äußerst sympathische und rücksichtsvolle Person kennen. Sie hatte immer ein offenes Ohr und nahm sich Zeit zum Zuhören. Ich glaube mich zu erinnern, dass sie des Öfteren gleichzeitig eine Tasse Kaffee und ein Glas Cola bestellte, worüber ich mich immer sehr wunderte. Trotz ihrer Karriere war Eva alles andere als die Professorin im Elfenbeinturm. Ich erlebte sie stets sehr bodenständig, realitätsnah und unterstützend. Die Tür zu ihrem Arbeitszimmer „auf der Powi“ war immer offen.
    Liebe Eva, herzlichen Dank für alles!

    Doris Wallnöfer

  • Kondolenz Ewa Dziedzic

    Eva, danke für alles! Ich bin sehr froh, in den Gefilden der Uni Wien auf Dich gestoßen zu sein und dass Du meine Doktormutter wurdest. Deine Worte, Deine Schriften, Deine Seminare - all das war solch ein wichtiger Beitrag für die Wissenschaft und für viele von uns als Deine politikwissenschaftlichen „Kinder“ persönlich. Du bleibst unvergessen. Ruhe in Frieden. 

  • Kondolenz Stefanie Wöhl

    Ich erinnere mich gut, wie ich Eva das erste Mal ca. 1998 in Berlin traf auf einer Konferenz, und mich als Studentin damals traute sie anzusprechen. Ich hatte bis dahin schon alle ihre Bücher, die sie gemeinsam mit Birgit Sauer geschrieben hatte beim Campus Verlag, gelesen. Für mich war Eva damals schon der Inbegriff der feministischen Politikwissenschaft, und ich kann mich gut erinnern, dass ich dachte „Wahnsinn, es gibt noch so viel zu erforschen!“ Das sagte ich Eva glaube ich auch, und sie schaute mich an und redete mit mir. Jahre später, als ich 2006 nach Wien im Herbst kam, um meine befristete post-doc Stelle anzutreten am Institut für Politikwissenschaft in Wien, war es Eva, die 2007 zu mir meinte „Jetzt habe ich dein Buch so gemainstreamed, dass ich es im Flieger von Mallorca habe liegen lassen.“ Das Buch war unter dem Titel „Mainstreaming Gender. Widersprüche europäischer und nationalstaatlicher Geschlechterpolitik“ erschienen. Das fanden wir beide lustig. Wieder ein paar Jahre später war ich mit ihr und einer Freundin von ihr im Frühling auf Mallorca und wir haben viele schöne Ausflüge unternommen, und die kleinen gekauften Kacheln von damals habe ich immer noch in meiner Küche. Sowie das selbstgewebte Tischtuch, dass ich mit ihr in einer kleinen Weberei, die Eva mir zeigte, erwarb. Neben diesen vielen beispielhaften persönlichen Erlebnissen waren es natürlich umso mehr institutionelle und universitäre Zusammenhänge und die gemeinsame Arbeit an Büchern oder Konferenzen, die meine Erinnerung an Eva prägen. Die Diskussionen, Arbeitskreise, Kolloquien, und Studiengang-Entwicklungsgruppen am Institut für Politikwissenschaft waren sehr prägend. In all dieser Zeit habe ich Eva als sehr kompetente und erfahrene Person erlebt und als ein Mensch, die immer ein offenes Ohr für alle hatte. Und viele Menschen unterstützt und gefördert hat. Dafür, und für alle ihre Projekte und Schriften, bin ich ihr sehr dankbar. Und dass sie sich immer für ein demokratisches Österreich eingesetzt hat. Dieser Tage wohl umso mehr.

  • Kondolenz Brigitte Bargetz und Gundula Ludwig

    Danke für den feministischen Kompass!

     

    Sehr traurig schreiben wir die folgenden Zeilen um, die eigentlich für Evas 80. Geburtstag bestimmt waren:

    Mitte der 1990er Jahre hat Eva in einem ihrer bahnbrechenden Texte zur Vergeschlechtlichung der Disziplin Politikwissenschaft geschrieben, dass Politikwissenschaft so lange in einem „vor-wissenschaftlichen Denken“ verharrt, solange sie die Bedeutung von Geschlecht für Staat, Gesellschaft und Politik ignoriert. Feministische Politikwissenschaft sei demgegenüber von dem erkenntnistheoretischen Interesse getragen, die geschlechtsneutralen „Halbwahrheiten“ aufzubrechen, die über Jahrhunderte hinweg als ‚Wahrheiten‘ das Denken über und die Praxis von Politik angeleitet haben.

    Wir beide hatten das große Glück, genau diese Perspektive auf die Politikwissenschaft als unhinterfragbare Grundlage politikwissenschaftlichen Arbeitens zu Beginn unseres Studiums bzw. Dissertationsstudiums am Wiener IPW zu erfahren. Politikwissenschaft ist notwendig kritische Wissenschaft, ist notwendig feministisch, ist notwendig in Gesellschaft eingreifend, ist notwendig, um dazu beizutragen, gesellschaftliche Verhältnisse gerechter und demokratischer für alle zu machen. Dass ein solches Verständnis politikwissenschaftlicher Praxis am Wiener IPW derart selbstverständlich war, war ein ganz besonderes Verdienst von Eva. Wie besonders und einzigartig ein Institut für Politikwissenschaft ist, das feministisches Denken und Handeln als Norm setzt, ist uns beiden erst später so richtig deutlich geworden, als wir in anderen Kontexten gearbeitet haben, in denen es keine derartigen Selbstverständlichkeiten gab. Dass wir an diesen Orten aber dennoch stets einen feministischen Kompass bei uns hatten, der uns dabei half, zu wissen, warum wir trotz Prekarisierung, Männerbünden und Anti-Gender-Backlash für feministische Politikwissenschaft eintraten, hat auch viel damit zu tun, dass wir durch Evas feministisches Engagement am IPW mit einem derart guten Rucksack in die Welt gestartet sind. 

    In unsere „feministischen Dauerkämpfe“ – so der Titel des Sammelbands, den wir gemeinsam mit Eva zu Birgit Sauers 60. Geburtstag herausgegeben haben – sind wir also auch deswegen gut gestartet, weil wir von Eva viele Einsichten mitgenommen haben, weil wir bei ihr Strategien lernen konnten, um im passenden Moment das Richtige zu sagen und uns wechselseitig feministisch zu unterstützen. In gegenwärtigen Zeiten der multiplen Krisen sind ein derartiger Kompass und solche Strategien unabdingbar.

    Eva – Du wirst eine große feministische Lücke hinterlassen, aber auch viel Wissen, Inspiration und Kampfgeist. Dafür sind wir Dir sehr dankbar!

     

    Brigitte Bargetz und Gundula Ludwig

  • Kondolenz Gabriele Schatzl

    Eva war für mich der Mensch, der mich in eine Welt geführt hat, in der das Bewusstsein für den Beitrag von Frauen an der Geschichte ein wesentlicher Bestandteil für die Perspektive auf Entwicklungen unserer Gesellschaft ist. Für mich hat sich dadurch die Sichtweise auf das Leben und Gesellschaft grundsätzlich geändert. Ich kann sagen, ich bin ein geistiges Kind von Eva. Evas Tod ist ein großer Verlust für mich, aber auch für Forschung und Wissenschaft. Ihr offener Zugang zu allen Inhalten und Perspektiven hat es ermöglicht, alles zu denken und zu reflektieren. Sie hat mir gegenüber einmal zweifelnd geäußert: „warum habe ich all dies auf der Universität erneuert, wenn es nun wieder zurück genommen wird.“. Ich hoffe, ich konnte sie mit meiner Antwort etwas beruhigen, dass ihr Schaffen und Wirken so viele Menschen geprägt hat und auf diese Weise weiterlebt.

    Ihre Schülerin: Gabriele Schatzl

  • Kondolenz Nicolas Bechter

    Noch sehr gut kann ich mich an meine erste Begegnung mit Eva erinnern. Es war mein erstes Seminar als junger Student nach den Grundkursen der ersten Semester. Das Thema war "Eichmann in Jerusalem". Ein Semester nur dieses eine Buch. Und schon nach den ersten Wochen wurde mir einiges klar. Zu Eichmann, zu Arendt, vor allem aber zur Universität und zum Powi-Studium generell: So kann politische Theorie ausschauen; und: So kann Lehre ausschauen. Erst mit der Zeit hab ich verstanden, welche zentrale Rolle die Lehre in Evas professoralem Selbstverständnis eingenommen hat und dass das nicht selbstverständlich war und ist.

    Das war auch bei der Betreuung von Abschlussarbeiten ersichtlich. Unzählige Magister-, Bachelor- und Doktorarbeiten zeugen davon. Oder auch die Diss-Seminare, die über Jahre eine Plattform für dutzende junge Wissenschafter*innen waren, aus denen sich berufliche Kooperationen genauso ergaben wie Freundschaften. Und welche vernünftige Person lädt sich jedes Jahr wieder 15 Studis für eine Woche zur Klausur zu sich nach Hause ein???

    Eva hat mich jahrelang begleitet: als Lehrerin, als Betreuerin, als Chefin und als Freundin. Du fehlst.

  • Kondolenz Matthias Falter

    Mit und für Eva Kreisky zu arbeiten, bedeutete das, was Hannah Arendt als „Denken ohne Geländer“ bezeichnet hat. Eva hat einen intellektuellen Raum für das Begreifen von Politik und die Kritik von Gesellschaft geschaffen, in dem das eigene Forschungsinteresse autonom entfaltet werden konnte. Was bleiben wird, ist nicht nur die Bedeutung von Begriffsarbeit in Wissenschaft und Politik, sondern auch die Erinnerung an Evas Gastfreundschaft und die vielen Gespräche – auf Mallorca, in Reichenau oder auch im NIG-Café.
    Vielen Dank für alles, Eva! 
     
    Meine herzliche Anteilnahme, Jan!
     
    Matthias Falter

  • Kondolenz Lisa Rosenblatt

    My deepest condolences. Eva Kreisky taught me the value of hope, and the necessity of detail and perseverance. Her actions, together with her theories pave the way for a more open, more just future. Thank you Eva for believing in me.

    Lisa Rosenblatt
    Dream Coordination Office

  • Kondolenz Gabriele Michalitsch

    Liebe Eva, ich habe unschätzbar viel von dir gelernt. Vielen Dank!

  • Kondolenz Günes Koc

    Eva Kreisky bedeutet für mich der Weg zu einer tiefgründigen Reflexion über die politische Theorie, kritische Auseinandersetzung mit Gesellschaft und aus meiner Sicht mit Fokus auf die feministische Auseinandersetzung mit politischer Theorie. Ausserdem habe ich ihre Großzügigkeit und Gastfreundschaft sehr geschätzt und habe sehr gute Erinnerungen an unser Treffen auf unserer Theorieklausur auf Mallorca.

  • Kondolenz Aslı Odman

    Ende der 90'er, frisch aus Istanbul nach Wien,
    auf der Suche von "profunder Wissenschaft"
    Ist Forschung als Beruf sinnvoll?
    Ist holistische Sozialwissenschaft erstrebenswert?
    Es stellt sich heraus, dafür muss ich viel Strassenbahn benutzen und gehen,
    Zwischen Fakultäten, Instituten
    Da habe ich Eva kennengelernt.
    Erstes Gespräch direkt am Gang am alten Institutsgebäude
    Die Fragen einer jungen, suchenden Frau gleich aufgefangen,
    Und in Tutorien, Gespräche, Lektüren und dann die Diplomarbeit 
    eingebaut,
    Wie wichtig ihre Offenheit und Zugänglichkeit für mich war
    Merkte ich erst später
    als ich selber an ähnlichen Gängen als Lehrende spazierte
    und nach fragenden Augen suchte...
    In meiner Erinnerung lebst du weiter, liebe Eva

     

    Dr. Aslı Odman
    Mimar Sinan Universität der Feinen Künste
    Istanbul

  • Kondolenz Claudia Saller

    Als Diplomandin in den Jahren 1999/2000 habe ich bei Eva Kreisky unglaublich viele Dinge gelernt, die mir weit über die Diplomarbeit hinaus bis heute hilfreich waren und sind. Strukturiertes Arbeiten, zielgenaues Formulieren, Präsentationstechniken - um nur einige zu nennen. Ich behalte Eva Kreisky in lebendiger Erinnerung als eine positive Autoritätsperson im besten Sinne, deren Denken und Lehre mich geprägt haben und vor der ich sehr viel Respekt habe.

  • Kondolenz Karl Schall

    Nachruf auf Eva Kreisky

    Mit Eva Kreisky ist nicht nur eine große politische Intellektuelle von uns gegangen, deren Stimme in Zeiten des rechten Populismus und politischen Unverstandes so wichtig wäre, sondern auch eine Professorin, die im besten akademischen Sinne den persönlichen Kontakt mit ihren Studierenden pflegte und dabei den Begriff des „Symposions“ in seiner antiken Bedeutung als eine gesellige Zusammenkunft mit anspruchsvollem intellektuellem Austausch lebendig und real werden ließ.

    Sehr deutlich manifestierte sich das in den Dissertations-Seminaren, die sie in ihrem Haus in Calvia auf Mallorca, in der berühmten „Villa Kreisky“ abhielt, einem im Vergleich zu anderen Domizilen in dieser Gegend eher bescheidenen Anwesen. In der ersten Hälfte der 2000er Jahre lud sie jeweils im September zum Seminar und stellte uns dafür fast ihr ganzes Haus zur Verfügung. Es war diese Großzügigkeit, die sie auszeichnete und uns Studierenden, die wir damals mit unseren Dissertationen kämpften, ein Ambiente bot, das in intellektueller und auch sinnlicher Hinsicht schlichtweg großartig war. Das wirkte, so wage ich zu behaupten, auf die meisten aus unserer damaligen Gruppe sehr motivierend. 

    Und es war schon etwas Besonderes in einem Haus logieren zu dürfen, in dem Bruno Kreisky nicht nur Urlaub, sondern auch Politik machte, die Österreich entscheidend prägte und zu internationalem Renommee verhalf. Zur Zeit, als ich dort war, stand auch noch das berühmte gelbe VW-Cabrio in der Garage, mit dem in den 70er Jahren einige Fernseh-Wahlkampfspots gedreht wurden, die mir aus meiner Kindheit noch erinnerlich waren. Das war schon sehr beeindruckend.

    Neben den meist halbtägigen Seminareinheiten gab es genug Raum für Aktivitäten und sei es nur, einfach einmal am Strand zu liegen. Besondere Highlights waren die Ausflüge, die wir gemeinsam mit Eva (sie gestattete uns allen das Du-Wort ihr gegenüber) unternahmen, die eine profunde Kennerin der Insel war. Was sie dabei gar nicht leiden konnte war Unpünktlichkeit, etwa wenn jemand nicht zum ausgemachten Zeitpunkt erschienen ist, so wie mir das gelegentlich passierte. Da konnte sie schon unleidlich werden, aber nie für lange, denn nachtragend war sie nicht. Nicht einfach war es auf Inseltouren ihrem zu Auto folgen, denn als versierte Autofahrerin war sie im Gegensatz zu uns mit den Straßenverhältnissen und Örtlichkeiten der Insel bestens vertraut, sodass wir bisweilen etwas ratlos zurückblieben, gefunden haben wir uns aber dann doch irgendwie immer.

    Ein Höhepunkt im Tagesablauf der Seminartage war das Abendessen, dass immer zwei Leute vom Einkauf bis zum Kochen und den Abwasch zu organisieren hatten. Das führte zu einem regelrechten Wettbewerb, denn jede Partie hatte den Ehrgeiz, die vorige kulinarisch zu übertreffen, was uns zu ungeahnten Geschmackserlebnissen verhalf. Danach saß man dann bei reichlich Vino Tinto zusammen, öfter länger als es dem Befinden am nächsten Tag zuträglich war. An diesen Abenden erzählte uns Eva viel über die sozialen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse auf Mallorca, über korrupte Politiker, über die Machenschaften skrupelloser Immobilienhaie, über die Folgen des Massentourismus und vieles mehr, darunter auch so einiges Skurriles. Ideen und Inhalte wurden ausgetauscht und so manches Projekt geboren, das noch vor Ort umgesetzt wurde.

    Zwei davon wurden von Evas abendlichen Erzählungen wesentlich inspiriert. Erstens ein Forschungsprojekt, das sich mit dem Urlaubs- bzw. Partyverhalten und den entsprechenden Eskapaden der deutschen Touristen in El Arenal am sogenannten „Ballermann“ und dem der britischen auf ihrer Vergnügungsmeile in Magaluf beschäftigte. Unter Federführung von Georg Spitaler, einem ausgewiesenen Experten für „Cultural Studies“, die uns als theoretische Grundlage dienten, machte sich eine kleine Gruppe auf und führte ausgiebige Feldforschungen an beiden Orten durch, deren Ergebnisse auch gewissenhaft protokolliert wurden. Dass wir dabei nicht nur trockene Feldforschung betrieben, sondern auch jede Menge Spaß hatten versteht sich von selbst. Den teilten wir dann gerne an den folgenden Abenden mit unseren SeminarkollegInnen bei der Präsentation der Ergebnisse und auch Eva war durchaus „amused“.  

    Zum Zweiten entstand daraus der Entwurf eines „Mallorcakrimis“, den ich in einer Seminarpause am Strand von Calvia zu schreiben begann und der sich ganz auf Evas Erzählungen stützte sowie auf gemeinsame abendliche Brainstormings in der Gruppe. Am Ende der Seminarwoche konnte ich alle damit unterhalten und zwar am Flughafen als unser Heimflug mehrere Stunden Verspätung hatte. So bekam ich die Gelegenheit, das   bisher Geschriebene vorzulesen, sodass wir trotz der ärgerlichen Verspätung wenigstens noch etwas zu lachen hatten. Nachdem der Text gut aufgenommen wurde schrieb ich zu Hause weiter (allerdings leider ohne je zu einem Ende gekommen zu sein) und in der Folge wurde das Krimifragment auf die Homepage unserer Seminargruppe gestellt. Mitte der 2000er Jahre, in Onlineangelegenheiten noch recht unerfahren, verwendete ich im veröffentlichten Text alle originalen Klarnamen, so wie sie von Eva mitgeteilt wurden. Wenig später bekam ich einen Anruf in meinem Büro von einer Hamburger Journalistin, die online auf meinen Text gestoßen war, mir zu meiner investigativen Recherche gratulierte und mich treffen wollte, weil sie an einer Geschichte über kriminelle Verflechtungen von Wirtschaft und Politik auf Mallorca arbeitete. Mir fiel fast der Hörer aus der Hand und meine Beteuerungen, dass die Handlung mehr oder weniger frei erfunden ist wollte sie zunächst kaum glauben, weil die Namen bzw. die Personen und die Orte ja alle real existierten. Nach einer Schrecksekunde wurde die Geschichte dann umgehend vom Netz genommen, von der Journalistin hörte ich nie mehr etwas.

    Warum mir im Gedenken an Eva Kreisky gerade diese Geschichten einfallen sind?  Weil sie exemplarisch für ihre Offenheit stehen, mit der sie ihre wissenschaftliche Arbeit als Dissertations-Betreuerin und Professorin verband ohne dabei je beliebig zu werden. Exakte Begrifflichkeiten und textlich-inhaltliche Stringenz waren ihr sehr wichtig, da war sie streng. Ihr Bildungsbegriff und ihr Verständnis der Vermittlung von Wissenschaftlichkeit endeten nicht bei ECTS-Punkten (die es damals noch nicht gab) und Anwesenheitslisten. Sie legte neben allen Erfordernissen seriösen wissenschaftlichen Arbeitens auch Wert auf Kreativität und Originalität und ließ uns dafür große Freiräume. Freiräume, die im Zeichen einer neoliberalen Verwertungslogik gerade im Bildungs- und Wissenschaftsbereich heute immer mehr verschwinden. Mit Eva Kreisky ist eine Professorin gestorben, die für diese Freiräume stand und sie zur Verfügung stellte. Ihr Tod ist nicht nur menschlich, sondern auch in diesem Sinne ein großer Verlust.

    Dr. Karl Schall
    Ehemaliger Doktorrand bei Eva Kreisky und Teilnehmer an ihren Dissertanten-Seminaren von 2000 bis 2005.

  • Kondolenz Roland Atzmüller

    Der Tod Evas hat mich sehr getroffen. Ich erinnere mich, welche Auseinandersetzung es gab, sie ans Institut zu holen. Für uns Studis kam mit ihr damals jemand auf Professor:innenebene an das Institut, der für kritische Gesellschaftstheorien, Auseinandersetzungen mit feministischen Ansätzen und Debatten über politische Ideen, offen war und diese förderte. Das bedeutet eine Öffnung des Lehr- und Studienplans, da sie auch die Einladung von Gastprofessor:innen und -lektor:innen förderte, die den Horizont der kritischen Debatten erweiterten. Ich habe die Auseinandersetzung und Debatte mit Eva stets als herausfordernd und auch fördernd erlebt – und gleichzeitig hatte ich nie den Eindruck, dass sie bevormundend waren. Diese Debatten waren aber auch Debatten mit und zwischen den Studierenden, die bei ihr bspw. ihre Dissertation schrieben und sich – je nachdem wie lange man für die Abschlussarbeiten brauchte – über Jahre hinweg, zum regelmäßigen Austausch trafen. Solche Diskursräume gibt es in der Postbologna-Situation an den Unis immer weniger, Eva hat versucht sie zu schaffen und aufrecht zu erhalten. Mein tiefes Beileid gilt ihrer Familie.

    Roland Atzmüller (JKU Linz)

  • Kondolenz einiger aus der BAGRU/StRV Powi 1990-1996

    Eva war in ihrer Laufbahn immer wieder mit massiven Widerständen gegen sie und ihre Arbeit konfrontiert, sie hat aber immer und auch am IPW in Wien versucht, alte Strukturen und Machtverhältnisse aufzubrechen. Letztendlich ist es ihr und nachfolgenden Kolleg:innen gelungen, feministische Forschung in Österreich, insbesondere am IPW, zu etablieren – auch wenn solche Erfolge immer prekär und nie garantiert sind.

    Sobald Eva als Gastprofessorin für Politik der Geschlechterforschung ans Wiener Institut kam, arbeitete sie daran, feministische Politikwissenschaft und Genderforschung aber auch kritische Gesellschaftstheorie in der Lehre und Forschung zu verankern. Noch vor der Berufung war sie eine von denen, die unter Einbeziehung der STRV begannen, das Lehrangebot und den Studienplan zu entrümpeln und u.a. für feministisch und gendertheoretisch orientierte Debatten zu öffnen. Dazu gehörten von Anfang auch Gastprofessuren und Gastlektorate für Vertreter:innen kritischer Gesellschaftstheorie und radikale Gesellschaftskritik. Das macht es möglich, über den Wiener Tellerrand hinauszublicken. Wie wurden anderswo aktuelle kritische und radikalemanzipatorische Gesellschaftstheorien gedacht, wie bezogen sie sich auf soziale Bewegungen und Kämpfe?

    Evas Berufung auf die Professur für Politische Theorie wurde zu einem langwierigen Konflikt – im Wissenschaftsministerium, das damals auf Basis der Ergebnisse von Berufungskommissionen für die Bestellung einer Professur zuständig war, würde man (gendern wohl nicht notwendig), wie uns zugetragen wurde, einen Listenplatz 1 für Eva Kreisky als „Affront“ auffassen.  Bei der ersten Abstimmung der Berufungskommission über die Bewerber:innen, die zum Hearing eingeladen werden sollten, zeigte sich, dass es in der Kommission keine konservative Mehrheit gab. Bald darauf begannen die Interventionen – und zwar über die damals konservativ dominierte ÖH-Fakultätsvertretung der GRUWI (der damaligen Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät). Diese beanspruchte mit dem Argument, sie stelle die Mehrheit in der Fakultätsvertretung, mindestens einen Sitz der studentischen Vertreter:innen in der Kommission, was die Mehrheitsverhältnisse verschoben hätte – und das, obwohl es zwischen den ÖH-Fraktionen Usus war, derartige Gremienarbeit den Studienrichtungsvertretungen der Institute zu überlassen, da diese die jeweiligen(fachlichen) Verhältnisse besser kannten).

    Erst nach zwei Blockadeaktionen weiterer Sitzungen, auf denen mit der von den konservativen Studierendenfraktionen geforderten Zusammensetzung die erste Abstimmung wiederholt werden sollte und der rechtlichen Klärung der Besetzung der studentischen Vertreter:innen in der Berufungskommission, die einen Kompromiss erbrachte, konnte die Kommission fortgesetzt werden. Die Hearings fanden am 14.10.1993 statt. Eva kam auf Platz 1 der Berufungsliste, da sich das Abstimmungsverhalten der studentischen Kurie nicht geändert hatte. Doch damit waren die Hürden nicht überwunden, da durch das damalige Ministerium für Wissenschaft unter Erhard Busek die Berufung erst 1995 erfolgte – 4 Jahre nach der Emeritierung ihres Vorgängers. Sich von solchen Hürden nicht entmutigen zu lassen, zeichnete Eva aus. Wir wollen es daher in ihrem Andenken nicht in Vergessenheit geraten lassen.

    (Einige aus der STRV/Bagru Politikwissenschaft (1990-1996))

  • Kondolenz Georg Spitaler

    Liebe Eva,
    wir haben uns in den frühen 1990er Jahren kennen gelernt, als ich an der Universität Wien studierte. Ich habe damals Lehrveranstaltungen von Dir wie das Seminar „Krieg und Militarismus im 20. Jahrhundert“ belegt, ich erinnere mich auch an die Vorlesung „Politische Theorien in der Ära des Präfaschismus“ – Themen die leider immer noch sehr aktuell sind. Du hast uns damals als Lehrende sehr beeindruckt, weil du den Geist von 1968 an die Uni Wien getragen hast, war nicht selbstverständlich war. Du hast Seminare gehalten mit Titeln wie „Das Politische in den Werken von Ingeborg Bachmann“, das waren Themen, die auf der Politikwissenschaft ungewöhnlich waren – und das hat uns sehr imponiert. Du hast uns in den Seminaren sehr schnell das Du-Wort angeboten, als Ausdruck des demokratischen Geists, den du vertreten hast. Das war sehr anziehend für uns Studierende, und war sicher ein Grund, warum ich später meine Diplomarbeit und meine Dissertation bei Dir schreiben wollte. 
    Ich denke, alle deine Diplomand:innen und Dissertant:innen sind sich darin einig, dass Du als Betreuerin auf deine Art sehr unterstützend warst. Du hast das Haus in Mallorca für unsere Seminare geöffnet! Ich habe unlängst die Fotoalben dieser Reisen wieder hervorgeholt, da finden sich auch Bilder von Ausflügen auf den berüchtigten Ballermann, die Du eigentlich nicht gerade goutiert hast, weil Du uns stattdessen die Schönheit von Mallorca näher bringen wolltest und nicht die touristischen Auswüchse. Für uns war aber beides interessant und hat sicher dazu beigetragen, dass viele Deiner Freund:innen und ehemaligen Studierenden Mallorca immer noch ins Herz geschlossen haben.
    Du hat es als Betreuerin geschafft, die Universität, die ein Ort des Massenstudiums war, zu einem sehr persönlichen Ort zu machen. Die Freundschaften, die im Diplomand:innen- und Dissertant:innenseminar entstanden sind, halten teilweise bis heute. Ganz allgemein hast Du versucht, die Universität, soweit Du das in Deinem Wirkungskreis beeinflussen konntest, als demokratischen Ort, als Ort des Diskutierens und der Kritik auszubauen, und Du hast immer gegen Entwicklungen an der Universität gekämpft, die Dich aus gutem Grund gestört haben – der Umbau der Universitäten zu Unternehmen, mitsamt dem ganzen Wahnsinn, der damit verbunden ist, etwa dem Rückbau von Mitbestimmung. Dagegen hast Du Dich immer gestellt, und das war hoffentlich auch nicht immer ganz umsonst.
    Für mich persönlich ein wichtiger Punkt: Du hast mich zum Thema Sport und Geschlechterforschung gebracht. Das hat unter anderem zu einem gemeinsamen Buch geführt, für dessen Präsentation wir 2006 am Wiener Donaukanal während der Fußball-Weltmeisterschaft ein Spiel live kommentieren mussten. Das hättest Du Dir vermutlich auch nicht träumen lassen, aber irgendwie haben wir es geschafft. Das erinnert mich daran, mit wie vielen Zufällen das Leben verbunden ist. In meinem konkreten Fall: Man* geht in eine Sprechstunde von Dir, und fragt, ob Du die Betreuung der Diplomarbeit übernimmst. Deine damalige Zusage hat den Verlauf meines Lebens ganz schön verändert, denn die Themen, mit denen ich mich bis heute beschäftige, sind stark von den Gesprächen beeinflusst, die ich mit Dir geführt habe. Es gibt also sehr viel, wofür ich Dir danken möchte.

  • Kondolenz Stephan Grigat

    Evas Ermöglichung einer Auseinandersetzung mit der Kritik der politischen Ökonomie und der Kritischen Theorie war im Wien der 1990er- und 2000er-Jahre einmalig; und die Schaffung eines Nukleus kritischer Politikwissenschaft an und außerhalb der Universität war großartig – noch großartiger war nur, mit ihr eine Lammkeule zubereiten zu dürfen. Sie wußte wie kaum jemand: Genossin kommt von genießen.

    Stehpan Grigat

  • Kondolenz Hans Pühretmayer

    Liebe Eva!

    Deine Klugheit, Deine Unbeugsamkeit, Deine Ironie und Deine Ausdauer habe ich sehr bewundert, mit denen Du durch Jahrzehnte hindurch und in verschiedensten Kontexten Angriffen auf feministische Projekte und Denkweisen begegnet bist, und wie Du zugleich aktiv am Abbau unterschiedlicher Herrschaftsverhältnisse gearbeitet hast. Ich hab auch sehr an Dir geschätzt, dass Du Studierende und Mitarbeiter:innen, die keinen (bildungs-)bürgerlichen Hintergrund hatten, gefördert hast. Dafür und für viele gesellschaftstheoretische Erkenntnisse, die Du mir vermittelt hast, danke ich Dir ganz herzlich!

    Hans (Pühretmayer)

  • Kondolenz Petra Purkarthofer

    Mit tiefer Betroffenheit habe ich vom Tod von Eva Kreisky erfahren. 

    Ich möchte Jan Kreisky und den Angehörigen mein tief empfundenes Mitgefühl und Beileid übermitteln. Ich wünsche Ihnen in dieser schweren Zeit viel Kraft, Trost und Zuversicht. 

    Eva war für mich ein Vorbild und sie hat mich viel gelehrt. Ihr Engagement und Interesse galt Fragen der Gleichstellung und sozialen Gerechtigkeit. Diesen widmete sie sich in ihrer Forschung, und setzte sich stets dafür ein, deren Verwirklichung in den universitären Institutionen in gelebter Praxis Gestalt zu geben. 

    „Du bist nicht mehr dort, wo Du warst,
    aber Du bist überall, wo wir sind.“ 

    Mit mitfühlender Anteilnahme
    Petra Purkarthofer

  • Kondolenz Markus Pinter

    Es war traurig, zu hören, dass sich Evas Zustand vor einiger Zeit so verschlechtert hatte, dass sie nicht mehr lesen konnte. Schon in ihrer Powi-Einführungsvorlesung in meinem ersten Semester vermittelte sie nicht nur Unmengen an Literatur, sondern auch den kritischen Umgang, die historische und gesellschaftspolitische Einbettung. Oft traf ich sie dann später auch lesend in ihrem Zimmer oder mit einem oder mehreren aufgeschlagenen Büchern und Texten. Damals war ich 5-6 mal in der Woche am Fußballplatz, aber erst durch Eva lernte ich die männerbündischen Strukturen dahinter kennen und erkennen, zu reflektieren und zu hinterfragen. Auch mein Verhalten in diesen Strukturen.

    Ich habe Eva viel zu verdanken, sie weckte mein Interesse für feministische Theorien in ihren Lehrveranstaltungen, ich lernte die Notwendigkeiten von Konfrontationen und Allianzen in (Instituts-)Gremien, sie stellte mir Fragen, sie bewirkte, dass ich mich und meine Verhaltensweisen hinterfragte.

    Über zehn Jahre hatte sie mich als Diplomand betreut, nie aufgegeben und schließlich auch meinen Abschluss ermöglicht. Auch indem sie mich ermutigte, gemeinsam mit Georg Spitaler einen Beitrag über Fußball für "Arena der Männlichkeit" zu schreiben - die Basis für meine Diplomarbeit.

    Für eine wissenschaftliche Karriere hat es bei mir nicht gereicht, aber ich hatte das Glück, dass mein Powi-Studium mit dem Beginn ihrer Professur am Institut zusammenfiel und ich die damit einhergehenden, auch von ihr beeinflussten Veränderungen nicht nur mitbekam, sondern als Teil der STRV auch ein kleines bisschen aktiv daran teilhaben konnte. Ohne diese Erfahrungen, ohne die Vermittlung ihres Wissens, ohne den vielfältigen Austausch mit ihr, wäre mein Leben anders verlaufen.

    Da bin ich mir ganz sicher, und dafür danke ich dir, liebe Eva!

    In trauriger Erinnerung,
    Markus

  • Kondolenz Beatrix Bender

    Eva schärfte  meinen Sinn für die politische Dimension des Alltags. Liebevoll nannte Sie ihren PC die Kochplatte. Das vielzitierte Private war für Sie nicht nur  politisch, auch gesellig. Manch Seminar fand  in ihrer Wohnung statt,  gemeinsam lasen und diskutierten wir die historischen Männerbundtheoretiker. Daraus ging der theoretische Rahmen meiner Diplomarbeit hervor; Dank  Ihrer Initiative erschien es in überarbeiteter Form  als  "Männerort Gasthaus?" im Campus Verlag.  Bis heute schmunzle ich über ihre Bemerkung ,  Männer gingen gerne ins Gasthaus, weil ihre Wohnungen mitunter ungemütlich seien.  Sie  war Mitinitiatorin des EU-Mentoring-Projekt "Preparing Women to Lead" an dem ich teilnahm.  Als wir sie vor einigen Jahren zu unserem 20 Jahr Jubiläum einluden, freute Sie sich, dass wir uns bis heute jährlich treffen. Gerade heute erscheint mir Ihr Kommentar weitsichtig: Wie kommt es,  dass  Gender-Beauftragte  häufiger Kunst- als Politikwissenschafterinnen seien? Liebe Eva,  mit kleinen, beharrlichen Schritten wirfst  du lange Schatten. Dahinter lässt es sich gut verstecken, laut singend, aus Angst um das Heulen der  Wölfe nicht zu hören.
    Dein Vorbild hat  vielen von uns Mut gemacht: Feministisches Denken in die Praxis zu bringen, sich weder anfüttern noch mit Häppchen politischer Teilhabe abspeisen zu lassen. Danke für dein Tun und Sein.  

     

    Dr. Beatrix Beneder (Diplomantin Abschluss 1997)
    Kommunikationsberaterin und Wirtin

  • Kondolenz Karin Bischof

    Dein Denken und deine Haltung haben nicht nur die feministische Politikwissenschaft und die Geschlechterforschung wesentlich geprägt, sondern auch Kohorten an Studierenden und deine Mitarbeiter*innen – ganz im Sinne deines Verständnisses von intellektueller Arbeit auch als Persönlichkeitsbildung. Ich denke, du hast damit mehr erreicht, als dir bewusst war. Du wirst uns und mir sehr fehlen, ich werde die Besuche bei dir sehr vermissen!

  • Kondolenz Birgit Sauer

    Liebe Eva, ich denke gerne an die lustigen, freudigen und komischen gemeinsamen Erlebnisse zurück. Und an nichts anderes lohnt es sich zu denken - denn wir wissen, und du wusstest das sehr genau, hast das sehr präzise antizipiert, dass es politisch „nichts zu lachen gibt“. Umso schöner ist es für mich, an die gemeinsame arbeitsreiche und erholsame Zeit auf Mallorca zu denken, an das Nachdenken über feministische Politikwissenschaft am und im Pool, an die Speisen, die du zubereitet hast, den Wein vom Bauern, die Spaziergänge auf den Märkten, die Töpfereien, die du mir gezeigt hast. Kritische Wissenschaft brauch Leichtigkeit, politische Analysen in angenehmer Atmosphäre fallen schärfer aus und sind leichter erträglich. Du fehlst - in vielerlei Hinsicht!

  • Kondolenz Ulrich Brand

    Eva Kreisky kannte ich von ihren Texten schon aus meiner Studienzeit in Frankfurt/M. in den 1990er Jahren und lernte sie als Institutsleiterin und Kollegin ab 2007 besser kennen. Ein sehr schöne Geste von ihr war, dass sie ein paar Wochen nach meinem Arbeitsbeginn am IPW einige jüngere Kolleg*innen und mich zu sich nach Hause zum Abendessen eingeladen hat - und uns vorzüglich bekochte. Wir haben dann einige Semester lang gemeinsam das Seminar für Dissertant*innen durchgeführt. Mehrfach auch als Blockseminar in Reichenau an der Rax und ein mal auf Mallorca. Da lernte ich Eva als Mentorin kennen, die ihren Doktorand*innen maximale Denkfreiheit gab, an wichtigen Punkten Ratschläge gab (manchmal zu wenige, aber vielleicht war ich auch zu ungeduldig) und sich an den Fortschritten freute.

    Vor allem steht Eva bis heute für eine hierachiekritische Kultur am Institut, gerade auch gegenüber den Mitarbeiter*innen in der Verwaltung. Das schätze ich sehr und bemühe mich auch, das im Sinne Evas weiterzuführen.

    Die letzten Jahre waren schwere. Ich ging meist deprimiert von meinen wenigen Besuchen bei Eva weg. Manchmal leuchtete in Gesprächen oder wenn ich etwas vorgelesen habe ihr wacher Blick auf, ein Moment von Freude. Es tat mir unendlich leid, dass Eva immer kranker wurde. Und doch vergegenwärtigten die direkten Begegnungen sie als früher aktive Wissenschaftlerin und Kollegin, von der ich einiges gelernt habe.

    Ich danke ihr und ehre sie in meinem Andenken. Unter anderen sollten wir sie als Wissenschaftlerin lebendig halten, indem wir ihre klugen Gedanken und Texte weiter in der Lehre und in eigenen Arbeiten verwenden.

  • Kondolenz Irene Messinger

    Mit großer Dankbarkeit erinnern wir uns an Eva Kreisky, eine außergewöhnliche Wissenschaftlerin, engagierte Feministin und Wegweiserin für viele von uns Dissertant*innen. Da ihr politischer Werdegang mit Auszeichnungen und nun auch in Nachrufen ohnehin vielfach gewürdigt wurde, erlaube ich mir ein paar Blitzlichter aus ihren Lehrveranstaltungen und den Diss-seminaren beizusteuern.

    Als Dissertant*innen hatten wir bei ihr die Chance, weit mehr als akademische Inhalte zu erlernen. Sie vermittelte uns nicht nur politische Theorien oder feministische Perspektiven auf Bürokratiegeschichte mit dem Konzept des Staates als "Männerbund". Wichtig war ihr die Auseinandersetzung mit Begriffen. Gern zitierte sie Bertolt Brecht: "Begriffe sind die Griffe, mit denen man die Dinge bewegen kann", und ermutigte uns damit, kritische Begriffsarbeit an den Beginn jeder Forschung zu stellen. Ihre Forschungsseminare begannen oft mit Mind maps, die sie mit Studierenden an der Tafel anlegte, um dann daraus die Essenz herauszuarbeiten.

    Diese Forschungsseminare waren besonders beliebt, weil sie Studierende dazu anregten, die praktische Bedeutung von Theorien im realen Leben zu erforschen, sie anhand empirischer Evidenz zu überprüfen und deren Relevanz zu diskutieren. Diesen Prozess durfte ich als ihre Studienassistentin von 2006 bis 2007 in zwei Seminaren intensiv begleiten: Wir erarbeiteten uns Wissen zu den beiden Themen Eliteuniversitäten (mit Elsa Hackl), und zu institutionalisiertem Rassismus. In beiden Seminaren konnten wir interessante Gäste begrüßen, u.a. hatte sie Anton Zeilinger eingeladen. Studierenden bot Eva eine niederschwellige Publikationsmöglichkeit durch die Veröffentlichung ausgewählter Seminararbeiten auf ihrer Website, die leider nicht mehr online ist.

    Da es Eva ein Anliegen war, möglichst vielen Studierenden eine Abschlussarbeiten bei ihr zu ermöglichen, übernahm sie die Betreuung einer großen Zahl von uns. In unseren Dissertationsprojekten gab es daher viel Freiraum, was uns dazu brachte, eigenständig unsere Forschung und Denkweise zu entwickeln. In ihren Diss-Seminaren kamen besonders spannende Menschen zusammen. Mit Freude denke ich an die intensiven Diskussionen in unserer „Diss-Subgruppe“ zurück, die wir gründeten, um uns gegenseitig konstruktives Feedback zu geben und den Fortschritt unserer Arbeiten zu unterstützen und zu begleiten. 

    Im Sommer lud Eva einige ihrer Dissertant*innen zum Privatissimum in ihr Haus auf Mallorca ein, wo wir neben den Diskussionen zu Texten aus dem Reader (z.B. zu Wissensgesellschaft) auch kulinarische Genüsse teilten und kulturelle sowie sportliche Aktivitäten wie den Besuch der jüdischen Synagoge, Wanderungen oder nächtliches Schwimmen im Meer. Ihre bevorstehende Pensionierung war für viele von uns der Anstoß, das Dissertationsstudium doch noch abzuschließen – auch dafür können wir dankbar sein.

    Eva Kreiskys akademisches Wirken als feministische Pionierin in der Politikwissenschaft und ihr unermüdlicher Einsatz für eine demokratische und kritische Wissenschaft werden zweifellos unvergessen bleiben. Die Erinnerung an sie als Mensch wird uns begleiten und uns daran erinnern, wie wertvoll die Freiheit des Denkens und Forschens, sowie kollegiale und freundschaftliche Unterstützung in der Wissenschaft und im Leben sind. 

    Mein tiefes Mitgefühl gilt besonders ihrem Sohn Jan und weiteren Angehörigen, Freund*innen und Mitstreiter*innen, denen sie wichtig war. 

    In dankbarer Erinnerung,
    Irene Messinger

  • Kondolenz Birgit Weiss

    Eva - du fehlst!

    Dein kritischer Geist hat mich durch mein Studium begleitet, zuerst im Bereich Frauenforschung, den du mit anderen Mitstreiterinnen (und teilweise noch von Berlin aus) am Institut für Politikwissenschaft mitbegründet und nachhaltig geprägt hast. Dadurch habe ich historische Persönlichkeiten und Theoretiker:innen kennengelernt, meinen kritischen Blick auf die Sozialdemokratie schärfen und Widerständigkeit in Theorie und Praxis leben dürfen. Später, als ich über mehrere Zwischenstationen bei dir im Diss-Seminar gelandet bin, habe ich die Atmosphäre, die du für uns geschaffen hast, sehr genossen - auch wenn ich manchmal ganz andere Themen im Kopf hatte und nicht das gesamte Potenzial deines Denk-Angebotes ausschöpfen konnte, war unsere Gruppe der Dreh- und Angelpunkt und eine Art akademische Heimat für mich. Und schließlich - der wichtigste Baustein in der Erinnerung - deine Großzügigkeit, uns in dein Haus, die berühmte Kreisky-Villa auf Mallorca, einzuladen. Ich durfte zweimal dabei sein, und das waren prägende zwei Wochen für mich und für uns alle, nicht zuletzt, um auch die private Eva besser kennenzulernen und uns an deinen Kochkünsten zu erfreuen. Ich war beim zweiten Mal schon nach Spanien übersiedelt und 2007 kam dann euer Besuch bei mir in Castellón und Vilafamés, eine wirklich sehr schöne Erinnerung, siehe Foto. 

    Danke für alles, liebe Eva!

    Birgit Weiss

  • Kondolenz Hrvoje Paić

    Die Menschenliebe von Eva Kreisky hört nicht auf. Ich bin sehr traurig, dass Eva von uns gegangen ist. Gleichzeitig bin ich sehr dankbar das Privileg dafür, dass ich von Eva lernen durfte. Schließlich hoffe ich Evas Menschenliebe und Ihre kritischer Gedankenwelt weitergeben zu können. Danke liebe Eva für Vieles, Paco

  • Kondolenz Silvia Nadjivan

    In tiefer Trauer und Anteilnahme wünsche ich Jan und allen Angehörigen mein herzliches Beileid. Die Erinnerung an unsere Dissertationsmutter Eva, an ihr bahnbrechendes Lehren und Wirken genauso wie an unsere intensiven Diskussionen bei Evas legendären Diss-Seminaren und Klausuren in Reichenau/Rax sowie Mallorca trage ich mit Stolz in meinem Herzen und Tun.
    In tiefer Verbundenheit
    Silvia Nadjivan

  • Kondolenz Romana Lanzerstorfer

    Dein Beispiel war wortloser Auftrag.
    Romana Lanzerstorfer (ehemalige Dissertantin)

  • Kondolenz Christoph Clar

    Der Verlust von Eva hat mich tief getroffen, aber auch viele schöne Erinnerungen hervorgerufen. Sie schuf Räume für selbstständiges kritisches Denken, ohne etwas vorzugeben, war immer emphatisch und unterstützend … und der Spaß kam auch nie zu kurz. Ich wünsche Jan, den Angehörigen und Freund:innen viel Kraft. In tiefer Verbundenheit, Christoph

  • Kondolenz Ilker Ataç

    Eva Kreisky hat als Hochschullehrerin meine berufliche und persönliche Entwicklung nachhaltig geprägt. Rückblickend auf das Wintersemester 1993 an der Universität Wien, erinnere ich mich lebhaft an die erste Begegnung in der ersten Sitzung ihrer Vorlesung. Diese Lehrveranstaltung markierte nicht nur den Beginn meines Studiums in Wien, sondern auch ihren Start als Professorin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.
    Ihre Lehre hat mich von Anfang an fasziniert. Als Leiter von Fachtutorien zu ihren Hauptvorlesungen "Einführung in die Politikwissenschaft" und "Einführung in die Geschichte des politischen Denkens", hatte ich die Gelegenheit, unter ihrer Anleitung tiefer in die Welt der politischen Theorien einzutauchen. In diesen Übungen lasen und diskutierten wir in kleinen Gruppen die Originaltexte bedeutender Theoretiker*innen von Platon bis Olympe de Gouges.
    In den 1990er Jahren bereicherte Eva Kreisky das Lehrangebot mit ihren Spezialvorlesungen zu Themen wie „Geschlecht und Politikwissenschaft“, „Politische Theorien aus der Ära des Präfaschismus“ und "Politische Institutionalisierung von Männlichkeit". Die dafür erstellten Reader mit Textsammlungen sind mir bis heute eine wertvolle Ressource.
    Ein besonderer Moment meines Studiums war die Mitorganisation ihres Seminars zu „Politische Religion und Zivilgesellschaft in der Türkei“ zusammen mit Aslı Odman und Gökhan Tuncer, einschließlich einer Exkursion, an der sie aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte. Auch meine Magisterarbeit und den anschließenden Weg zum Doktorat an der Goethe-Universität in Frankfurt hat sie mit großer Sorgfalt unterstützt.
    Eva Kreisky verstand es meisterhaft, in ihren Seminaren, Vorlesungen und in persönlichen Gesprächen – oft außerhalb der offiziellen Sprechzeiten – ein wesentliches Handwerkzeug der Wissenschaft zu lehren. Sie vermittelte die Bedeutung sorgfältiger Begriffsarbeit und den Wert eines intensiven Studiums von Originaltexten. Sie betonte die Wichtigkeit, durch die Lektüre von Sekundärliteratur eine Vielfalt von Perspektiven in die Begriffsarbeit einzubringen. Ihre Fähigkeit, eine Balance zwischen detaillierter Theoriearbeit und Freiraum für die Verfolgung eigener Interessen zu finden, zeichnete sie besonders aus. Ein Zitat von Francis Picabia, das in ihrem Büro hing: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann“, hat mich immer wieder überrascht und inspiriert.
    Ihr Engagement für eine lebendige und kritische intellektuelle Debatte am Institut für Politikwissenschaft hat meine akademische Neugier entscheidend gefördert. Für ihre Unterstützung und Inspiration bin ich ihr zutiefst dankbar. Eva Kreiskys Vermächtnis wird durch die vielen Leben, die sie berührt und beeinflusst hat, weiterleben.

  • Kondolenz Katharina Pühl

    Eva Kreisky hatte ich schon lesend während meines Studiums der Gesellschaftswissenschaften und Philosophie an der Universität Frankfurt/M. kennengelernt. 

    Zwischen Frankfurt/M. und Wien pendelnd entwickelte sich eine langjährig arbeitende Diskussionsrunde von Studierenden, Doktorierenden, Dozierenden verschiedenen Alters, die sich reisend an verschiedenen Orten traf, unter anderem auch mal glücklicherweise bei Eva in Mallorca. Ernsthaft wurden analytische Themen erwogen und diskutiert im Feld von feministischer und kapitalismuskritischer Gesellschaftsanalyse. Die gesellschaftlichen Entwicklungen nach rechts und Antifeminismus, sowohl in Deutschland wie in Österreich, waren da schon dabei. Mehr aber auch die Fragen nach vorne weisender Entwicklungen aus feministisch-kritischer emanzipativer Perspektive - um dann genussvoll beim Abendessen weiter zu diskutieren.

    Nicht zuletzt ein halbes Jahr Stipendium in Wien Ende der 1990er Jahre hat mich dann in engeren Kontakt mit Eva und auch Birgit Sauer gebracht mit Seminarbesuch und vielen Gesprächen sonst noch. Freundlicher Humor, große Nachdenklichkeit und ermutigende Gegenperspektiven waren immer Teil der Gespräche auf Augenhöhe.

    Ich habe Eva in vielfältiger Erinnerung, eine davon an einen runden Geburtstag von ihr in Wien. Es waren viele ihrer Studierenden mehrerer Jahrgänge, Mitarbeiter*innen und Doktorand*innen sowie befreundete Kolleg*innen dabei an einem warmen Sommerabend draußen im Stadt-Heurigen. Da saß sie mitten unter uns, damals schon mit Gehstock zur Hand. Aber weiterhin interessiert am Gespräch über die eigene Arbeit und Befindlichkeit wechselseitig.

    Ich habe sehr viel von Dir gelernt, liebe Eva, nicht nur in akademischer Hinsicht, sondern auch über Politik, Gesellschaft und feministische Herausforderungen und wie man sie gemeinsam kritisch-emanzipativ weiterdenken kann und muss… Danke dafür.

  • Kondolenz Markus Wissen

    Liebe Eva,
    ich bin sehr dankbar dafür, dass ich dich noch in deiner aktiven Zeit am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien erlebt habe. Dass ich hier überhaupt arbeiten durfte, geht letztlich auch auf dich zurück. Denn du bist diejenige, die eine im deutschen Sprachraum einzigartige kritische Politikwissenschaft in Wien wesentlich etabliert hat. Das ist für uns Jüngere – egal ob in Wien oder andernorts – von großer Bedeutung. Und es beinhaltet ebenso die Verpflichtung, eine kritische Wissenschaft und Kritik der Politik fortzuführen. Du wirst uns fehlen und gleichzeitig als Mensch und Wissenschaftlerin weiterwirken.
    Markus Wissen

  • Kondolenz Alex Demirović und Andrea Maihofer

    Von Eva hatten wir gehört, von ihrem bemerkenswerten Beitrag zu einer feministischen Staatstheorie. Aber wir kannten sie nicht persönlich. Die persönliche Beziehung und Freundschaft begann mit einer Konkurrenzsituation. Eva und Alex bewarben sich um die Professur für politische Ideengeschichte und politische Theorie am politikwissenschaftlichen Institut der Grundwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Nichts sprach dafür, dass aus einer solchen Konkurrenz eine langjährige freundschaftliche, fachliche und private Beziehung entstehen würde. Mit Unterstützung der Fachschaft lud Eva erst Alex, dann Andrea ein, am Institut eine Gastprofessur wahrzunehmen. Es gab viele nette Gespräche. Irgendwann entstand daraus die Idee, dass wir einen Arbeitskreis zu Staatstheorie zwischen Wien und Frankfurt machen könnten - also eine Verbindung von feministischer und materialistischer Staatstheorie, wie wir sie in Frankfurt betrieben. Heinz Steinert, der zwischen Wien und Frankfurt pendelte, kam irgendwann dazu. Die Treffen fanden am Institut für Sozialforschung in Frankfurt oder am Institut für die Wissenschaft vom Menschen in Wien statt. Seit Mitte der 1990er Jahre waren wir regelmäßig Gäste von Eva in Mallorca. Im Pool ihres Hauses lernte unser Sohn schwimmen. Nicht einig waren wir uns über unsere gemeinsamen Essengewohnheiten: Eva war eine große Köchin und mochte unsere Enthaltsamkeit in Sachen Fleisch nicht so richtig verstehen. Es waren Stunden voller anregender Diskussionen auf ihrer luftigen Terrasse oberhalb der Bucht von Palma. Geschockt waren wir in jenem schrecklichen Sommer 2011, als Breivik das Massaker in Oslo beging. Stundenlang saßen wir vor dem Fernseher und sprachen über dieses Ereignis. Es erschien uns unglaublich und war wie ein Menetekel, das auf eine andere Zeit hinwies. Eva sei gedankt für die vielen schönen Situationen, die wir in Wien und in Palma miteinander verbringen konnten.

    Alex Demirović und Andrea Maihofer.

  • Kondolenz Dieter Segert

    Eva Kreiskys Interesse an einem DDR-Forschungsprojekt als meine Brücke an die Universität Wien

    (Auszug aus: „Von Salzwedel über Moskau nach Wien – Über den Nutzen von Umwegen“, aus dem Buch „Vergessene Ungleichheiten“, transcript Verlag 2024)

    Nach 1990 hatte ich dann ein Déjà-vu: wieder war meine Herkunft bedeutsam für meinen beruflichen Erfolg. Dieses Mal ging es um meine, vor dem Erwartungshorizont der Mehrheitsgesellschaft, fremdartige akademische und politische Biografie. Mal war es die DDR-Professur und die damit verbundenen Einschätzungen, mal meine Funktionen in der SED, die den anderen unangenehm in die Augen stachen. Als ich im Rahmen des Berufungsverfahrens auf eine Professur „neuen Rechts“ an der Humboldt-Universität 1992 in die Senatsverwaltung für Wissenschaft gerufen wurde, trat mir der betreffende Staatssekretär mit meiner Personalakte aus dem DDR-Hochschulministerium in der Hand entgegen und las – wie mir schien – genüsslich daraus vor, was alles dazu beigetragen hatte, dass ich meine Professur im September 1989 bekommen konnte: „vorzügliche Kenntnisse der Klassiker des M-L“, „ein solider Klassenstandpunkt“, die „feste Verbundenheit mit der SED“ u.a.m. Na ja, so waren die Sprachregelungen gewesen. 

    Für den Senator und seinen Staatssekretär entwertete das offenkundig das positive Urteil der vom selben Senat eingesetzten Berufungskommission: mir wurde von ihm anstelle der ausgeschriebenen unbefristeten Professur, die vorgeschlagen war, eine auf fünf Jahr befristete angeboten. Die analoge Erfahrung führte bei vielen Ostdeutschen dazu, dass sie ihre Biografie nach 1990 aus der Perspektive des neuen kulturellen Rahmens uminterpretierten und umformulierten. Bestimmte Begriffe wurden aus ihr getilgt: Ein Studium der marxistisch-leninistischen Philosophie wurde zum Philosophiestudium, ein Politökonom wurde zum Wirtschaftswissenschaftler, Vertreter Geschichte der Arbeiterbewegung deklarierten sich als Historiker. Und aus einem Geburtsort in der DDR wurde einer in Deutschland. Im Journalismus wie bei Bewerbungen sind die Überschriften wichtig dafür, dass der eigentliche Inhalt überhaupt als relevant zur Kenntnis genommen wird. 

    In einer wichtigen Situation für mich jedoch hat ein Herkunftsmerkmal von vor 1989 sehr positiv gewirkt. Es geht um meine Einbindung in das Sozialismusprojekt an der Humboldt-Universität und um seine öffentliche Bekanntheit im Herbst 1989. Im Jahr 2003 hatte ich mich an der Universität Wien um eine Professur für Transformationsprozesse in Osteuropa beworben. Auf diesem Lehr- und Forschungsgebiet hatte ich mich lange Jahre profilieren können. Ich wurde eingeladen und erreichte den ersten Platz der Berufungsliste. Später erfuhr ich von der Vorsitzenden der Kommission, Eva Kreisky, dass für sie diese Wertung nicht allein auf meinen wissenschaftlichen Leistungen basierte und dem guten Eindruck, den ich durch meinen Vortrag und die Antworten in der Diskussion danach bei den Kommissionmitgliedern hinterließ. Eva Kreisky war im Herbst 1989 Professorin an der Freien Universität Berlin gewesen und hatte von einer feministischen Politikwissenschaftlerin aus der DDR ein Papier in die Hand gedrückt bekommen mit dem Hinweis, dass es gerade in breiten Kreisen der DDR diskutiert würde. Es war ein längerer Text des „Sozialismusprojektes an der Humboldt-Universität“ und ich war einer der Autoren(1). Und sie war 2003 an jemandem interessiert, der nicht nur wissenschaftlich leistungsfähig war, sondern sich auch als „öffentlicher Intellektueller“ bewiesen hatte. Als jemand, der seine wissenschaftlichen Einsichten in die breitere Öffentlichkeit trägt.

     

    (1)Es handelte sich um die „Studie zur Gesellschaftsstrategie der SED“, die im Herbst 1989 hektografiert in einige Hundert Exemplaren publiziert und eine gewisse Verbreitung erfuhr. Sie wurde in den folgenden Monaten mehrfach in verschiedenen Verlagen publiziert, zuerst im Dietz-Verlag. (Brie et al. 1989) 

  • Kondolenz Birol Yilmaz

    Liebe Frau Kreisky,

    ich erinnere mich noch gut an unser letztes Treffen im 4. Bezirk. Gemeinsam sind wir zum Krankenhaus im 16. Bezirk gefahren, und wir hatten dabei ein schönes Gespräch. Ich habe viel von dir gelernt und schätze die Zeit sehr, die ich mit dir verbringen durfte.

    Vielen Dank für alles, was du mir gegeben hast. Ruhe in Frieden.

    In stillem Gedenken,
    Birol